Korallengärten – ihre leuchtenden Farben lassen sie wahrhaftig lebendig erscheinen und eine Vielzahl von Meeresbewohnern nennen sie ihre Heimat. Begeistert erklärt der Ökologe Jonathan Cybulski, dass er Korallen liebt, weil sie etwas über das marine Ökosystem aussagen. Sie sind empfindliche Lebewesen, die nur in einem bestimmten Temperatur- und Wasserqualitätszustand existieren können und sie haben einen Weg gefunden, sich in den Gewässern Hongkongs unglaublich widerstandsfähig zu halten. Cybulski ist überzeugt, dass es für viele Besucher sehr überraschend ist, welch eine Vielfalt von Korallen und anderen Meereslebewesen in der Natur um Hongkong angetroffen werden können.
Erste Eindrücke seiner Erlebnisse in Sai Kung liefert dieses Video:
Artenvielfalt und Korallenreichtum sind prächtiger als in der Karibik
Bemerkenswerterweise gibt es in Hongkong mehr Korallenarten als in der gesamten Karibik. 25 Prozent der marinen Biodiversität Chinas sind in den Gewässern Hongkongs zu finden, obwohl das Gebiet weniger als 0,03 Prozent der Küstenlinie des Landes ausmacht. Teilweise sind die Riffe zu 100 Prozent mit Korallen bewachsen und bieten über 30 unterschiedlichen Arten ein Zuhause. Eine besonders große Vielfalt und der üppigste Korallenbewuchs befinden sich bei den vorgelagerten Inseln zwischen Mirs Bay und Port Shelter im Nordosten des Territoriums, einschließlich Tung Ping Chau, Crescent Island, Bluff Island und Sharp Island, sowie im Hoi Ha Wan Marine Park, einem großes Schutzgebiet in der Nähe von Sai Kung. Dieses beherbergt besonders viele Korallen und andere Arten von Meerestieren. In diesen Gebieten ist der Experte Jonathan Cybulski oft beim Tauchen anzutreffen um historische Daten zu sammeln. Mit dieser Arbeit unterstützte er bereits einige seiner Kollegen dabei, 3D-gedruckte Terrakotta-Platten mit verschiedenen Korallenarten zu schaffen, die nun dazu genutzt werden, die Korallenriffe von Hoi Ha Wan zu verjüngen.
Sai Kung’s vulkanische Vergangenheit
Ein weiteres Spezialgebiet von Cybulski ist die Geologie. Die Region Sai Kung bedient dieses Fachgebiet dank ihres Daseins als UNESCO Global Geopark optimal. Der Geopark, der sich von den berühmten Inseln der Ninepin-Gruppe im Süden bis nach Tung Ping Chau im Norden erstreckt, gilt als eindrucksvolle Erinnerung an die geologische Vergangenheit des Territoriums. 85 Prozent des Landes von Hongkong wurden demnach durch Supervulkanausbrüche vor 140 bis 165 Millionen Jahren geformt und erschufen eine Fülle von felsigen Aufschlüssen sowie kompliziert strukturierten Inseln, die sowohl visuell beeindruckend als auch geologisch faszinierend sind. Jeder Pfad und jede auffällige Formation hat ihre einzigartige Geschichte und bietet Einblicke in eine vulkanische Geschichte.
Cybulski erklärt, dass alle Inseln vulkanisch und damit sehr steil sind. Da sie aber fast bis an ihre Küsten bewachsen sind, bietet sich Besuchern der Anblick eines dünnen Bandes aus orangefarbenen Felsen, kombiniert mit kräftiger Vegetation und tiefblauem Wasser. Besonders auffällig sind jene Inseln, die wie gemeißelte achteckige Säulen aussehen. Sie sind damals beim Erkalten des Magmas entstanden und durch ihre Formationen weltweit ausgesprochen ungewöhnlich. Zusätzlich macht sie die Tatsache, dass sie aus Rhyolith und nicht aus Basalt bestehen sowie das Ausmaß, in dem sie auftreten, absolut unvergleichlich. Diese magmatischen Säulenformationen gibt es nur an sehr wenigen Orten auf der Welt und machen somit Hongkong und sein Umland zu einem einzigartigen Fleck Erde.
Naturwunder treffen auf kulturelle Schätze und menschliche Werke
Neben den Naturwundern des Geoparks sind auch dessen kulturelle Attraktionen hervorzuheben, insbesondere die „Geisterinsel“ Yim Tin Tsai. Die Insel liegt eine 15-minütige Fährfahrt von Sai Kung Town entfernt und ist berühmt für ihr unheimliches, verlassenes Dorf, ihre üppigen Mangroven und die Salzpfannen, die ihr ihren Namen geben („Kleine Salzpfanne“ auf Kantonesisch). 2015 wurde sie durch die UNESCO mit dem Asia-Pacific Award for Cultural Heritage Conservation ausgezeichnet. Jonathan Cybulski zeigt sich fasziniert von der Insel, „es ist einer dieser Orte, an denen man sich völlig entfernt fühlt von dem, was man sich unter Hongkong vorstellt. Man hat dieses wunderschön baufällige alte Dorf, weite offene Flächen, man geht über einen Kamm und sieht die Salzpfannenfelder direkt in einem Tal vor sich und stellt sich die Frage: ‚Wo bin ich?‘ Es ist unglaublich.“ Der Experte ist sich sicher, dass es nirgends in Hongkong, oder gar auf der Welt, einen Ort wie Sai Kung gibt, der seine Besucher mit einer solch faszinierenden Vielfalt an Natur und kulturellen Attraktionen begrüßt. Hongkong ist der Inbegriff einer Metropole, aber 30 Minuten entfernt findet man sich plötzlich umgeben von Dschungel und Meereswelt, inmitten eines Geoparks wieder. Für Cybulski ist es, als würden in Manhattan Korallenriffe wachsen.
Die Kombination aus dem Natürlichem und dem vom Menschen Geschaffenen, dem Ländlichen und dem Urbanen, hierlässt den größten Eindruck. In nur wenigen Stunden gelangt man von vulkanischen Tropeninseln zu einem der am dichtesten besiedelten Orte der Welt. Umgeben von natürlicher Schönheit reist man mit dem Boot zurück in die Metropole Hongkong und es entfaltet sich vor Augen ein vom Menschen geschaffenes Wunder. Solche spektakulären Aussichten inspirieren den Geologen auch in seiner persönlichen Mission, die hinter der Natur stehende Wissenschaft so zu vermitteln, dass die Menschen sie besser verstehen und die Bedeutung ihrer Erhaltung besser einschätzen können. Als Naturschutzbiologe hat er die Hoffnung, so viel Einsicht wie möglich in den Naturschutz oder zumindest eine bessere Integration des Menschen in die Natur zu erzielen.