1821 erblickte Sebastian Kneipp in BayerischSchwaben das Licht der Welt. Noch heute – 200 Jahre später – schenken die fünf Säulen seines ganzheitlichen Gesundheitskonzeptes vielen Menschen neue Energie, Lebensfreude und Glücksmomente. Ein wichtiger Beitrag zur Gesundheit leistet hierbei die Natur – ob über die Ernährung, mittels Heilkräutern oder den bekannten Kneippbädern. Doch auch fernab von Kneipps Heimat setzt die Natur Anreize für wohltuende Anwendungen. Zehn Beispiele von nah und fern zeigen, wie einfach es ist, sich in und mit Hilfe der Natur zu stärken.
Wo alles seinen Anfang nahm
Seelsorger, Theologe und „Wasserdoktor “ – Sebastian Kneipp gilt als Entdecker der modernen Hydrotherapie. Vor 200 Jahren wurde er in Stephansried bei Ottobeuren geboren; in Dillingen in Bayerisch-Schwaben entwickelte er die Grundlagen seines Gesundheitskonzeptes. Heute folgen Ausflügler in der Kneippstadt auf dem zweiteiligen Themenweg seinen Spuren und erfahren via Lauschtour-App mehr zu den Hintergründen. Erika Schweizer, Gesundheitspädagogin und Vorsitzende des Dillinger Kneipp-Vereins, gibt dabei Tipps für den Selbstversuch: „Bei allen Kaltanwendungen sollte die betroffene Körperregion zuvor warm sein, “ Danach geht es im typischen Storchengang durch das Wasser. „Das Wichtigste dabei ist, immer auf den eigenen Körper zu hören.“
Natur auf dem Teller
Prien am Chiemsee ist bis heute der einzige „Kneippkurort“ in Oberbayern. Heilkräuter stellen eine der fünf Säulen des Kneipp-Gesundheitskonzeptes dar. Bei einer geführten Wildkräuterwanderung dreht sich hier alles um die Welt der Kräuter. Während der etwa eineinhalbstündigen Tour durch das Harrassermoos wird unter Anleitung einer erfahrenen Kräuterpädagogin das regionale „Superfood“ am Wegesrand gesammelt. Dazu gibt es hilfreiche Tipps zu deren Wirkung sowie Zubereitungsmöglichkeiten. Die gesunde Auslese vervollständigt zum Ab schluss ein Vier-Gänge-Menü mit frischem Chiemseefisch im Restaurant „Zum Fischer am See“.
Kraft und Energie schöpfen
Die Region in Nordrhein-Westfalen gilt als „Heilgarten Deutschlands“. Moor, Sole, Wasser und die Luft sind die natürlichen Elemente, auf denen die Gesundheitstraditionen gründen. Insgesamt sieben Heilbäder zählt der Teutoburger Wald. In Bad Driburg beispielsweise sorgt ein Moorbad für eine ganzheitliche Erholung. Das Moor selbst wird von einem Moorkoch für die Wannen aufbereitet. Die natürliche Anwendung reinigt nicht nur die Haut, sondern bringt den Stoffwechsel in Schwung und entspannt die Tiefenmuskulatur. In Bad Salzuflen prägen mächtige Gradierwerke das Stadtbild und schaffen ein Klima, welches jenem am Meer in nichts nachsteht. Dafür verantwortlich sind 600.000 Liter Sole, die täglich an den Schwarzdornwänden der Anlagen hinabrieseln.
Von der Natur lernen
Augen auf beim Spaziergang: Dass sich das lohnt, zeigt Sonja Weigand bei einem Kurs in der Wildkräuterwerkstatt in Neusitz bei Rothenburg ob der Tauber. Wer mit der Pflanzenheilkundlerin unterwegs war, der geht um einiges bewusster mit der Umwelt um. Doch nicht nur das: Häufig ist die Beschäftigung mit dem Thema und die Arbeit mit den Wildkräutern eine Art mentale Öffnung hin zur Natur. Ob als Auftankstation, zur Herstellung von Naturkosmetika oder im Sinne der klassischen Phythotherapie: Jeder findet einen Zugang zum Thema. Los geht es mit einer Wanderung und der Bestimmung der Wildkräuter. Es folgt die Verarbeitung: Neben der Verwendung in der Küche steht der Heil- und Gesundheitsaspekt im Fokus. So werden unter Anleitung beispielsweise Salben und Öle hergestellt.
Wald als Wohlfühlort
Im Fichtelgebirge entwickelt sich der Wald immer mehr zum Wohlfühlort und gewinnt als natürliches Heilmittel an Bedeutung. Studien bestätigen die positive Auswirkung des Waldes auf Gesundheit und Stimmung sowie auf Wohlbefinden und Immunsystem. Im Rahmen des Projektes „Wald und Gesundheit“ des Bayerischen Wirtschaftsministerium in Zusammenarbeit mit dem bayerischen Heilbäderverband, an dem das Fichtelgebirge mit seinen vier Gesundheitsorten Bad Berneck, Weißenstadt, Bischofsgrün und Bad Alexandersbad teilnimmt, werden unter anderem Einheimische zu Waldgesundheitstrainern ausgebildet. Auf mehr stündigen Waldbaden-Wanderungen, teils barfuß oder mit verschlossenen Augen, vermitteln sie den Wanderern den Wald als Kraftquelle. Ortsgebundene Heilmittel wie Moor oder Radon-Vorkommen werden mit den Ressourcen des Waldes verknüpft.
Klangbad für Körper und Seele
Klangtherapien sind ein Wellnesstrend in Honkkong mit der Natur als Orchester. Im Küstendorf Shek O auf Lamma Island brechen sich die Wellen des Ozeans an glatten, roten Felsbrocken. Für den Himalaya-Klangschalen-Künstler Tsang Man-tung bietet Shek O die perfekte Kombination von Wasser- und Windgeräuschen. Die rauschenden Töne der Wasserfälle geben das Gefühl, an einer mentalen Entgiftung teilzunehmen, findet er. Wenn das Wasser auf die Felsen trifft, erinnert es an den Klang von Schlaginstrumenten. Mithilfe der Schalen kann fließendes Wasser imitiert werden. Tsang nutzt die Klänge der Natur als Teil seiner Performances.
Sandbaden in Porto Santo
Schon seit vielen Jahren wird der kohlestoffhaltige Sand von Madeiras Schwesterinsel Porto Santo für die Behandlung von rheumatischen und orthopädischen Erkrankungen wie Arthritis oder Osteoporose benutzt. Er ist reich an Mineralien wie Magnesium, Kalzium, Phosphor und Schwefel und wirkt somit entzündungshemmend. Dank seiner Zusammensetzung kann er Wärme über einen längeren Zeitraum speichern. Bei speziellen Sandbädern wird die behandelnde Person mit etwa 40 Grad warmem Sand bedeckt, sodass die Haut die Mineralien nach und nach aufnimmt. Die Behandlung kommt nicht nur bei Erkrankungen zur Anwendung, sondern wirkt auch Haut- und Gewichtsproblemen sowie Cellulite entgegen.
Ökologisch und gesund: Seetang
Hélène Jouannet und Tangui Gauvin gelten als Pioniere der Algenkultur am Atlantik. Mit ihrem Start-up Algoryth-me auf der Insel Ré schaffen sie einen Mehrwert für Gesundheit und Umwelt zugleich. Als Tee, zum Salat sowie als Zutat im Brot findet der Seetang eine breite Verwendung: Aufgrund seiner Antioxidantien und seinem Geschmack wird das Superfood geschätzt und ist auf den Speisekarten der Restaurants wiederzufinden. Algorythme erntet das ganze Jahr über wilde Algen von Hand und kultiviert diese zudem in Sümpfen. Auch die Umwelt profitiert von dieser Aquakultur, denn die Meerespflanzen bilden ein natürliches Bollwerk, das die Insel vor Erosion schützt.
Naturpools zum Abtauchen
Im Nordosten der „La Isla Bonita“ La Palma, in Barlovento und San Andrés, befinden sich die bekannten Naturschwimmbecken La Fajana und Charco Azul. Sie wurden durch die Kraft des Wassers in die Felsen geschliffen oder sind durch Lavamassen entstanden, die ins Meer geflossen und dort erstarrt sind. Die natürlichen Felsenpools auf der Kanareninsel bieten bei Wellengang den idealen Schutz und sind ein Badeerlebnis der besonderen Art. Das Meerwasser wirkt sich zudem positiv auf die Gesundheit aus: Haut, Immunsystem, Atemwege und Gelenke profitieren vom Bad im salzigen Nass.
Wellness auf Japanisch
Sie sind das perfekte Kontrastprogramm zum trubeligen Alltag in Japans Hauptstadt Tokio: die Onsen. Die Temperaturen der natürlichen, heißen Quellen können bei über 40 Grad Celsius liegen. Dabei dienen die Onsen nicht nur der Entspannung, sondern auch – je nach Zusammensetzung des Wassers – der Heilung. So wundert es nicht, dass die japanische Badekultur auf eine jahrhundertealte Tradition zurückblickt und sich unter den landesweit mehr als 3.000 Onsen auch kleine Juwelen befinden wie das Fuku no Yu und das Yama no yu Onsen in Tokio oder das historische Janoyu Onsen Takara-so bei Okutama.