Bei der Nutzung von Bus, Tram und U-Bahn in deutschen Großstädten ist das Angebot der Standardtickets an Einzelfahrten, Tages-, Wochen- und Monatstickets in den Städten identisch. Große Überraschungen dürften ÖPNV-Kunden jedoch beim Bezahlen der jeweiligen Fahrscheine erleben: Um mehr als das Doppelte unterscheiden sich teils die Preise einzelner Tickets je nach Stadt, obwohl überwiegend gleichwertige Leistungen enthalten sind. Das ist das Ergebnis eines ADAC Preisvergleichs zum ÖPNV in 21 deutschen Städten. Die größte Spannweite von über 100 Prozent fanden die Tester bei den Wochenkarten für Erwachsene, die in Berlin 36 Euro und in München 17,80 Euro kosteten. Erfreulich für die Verbraucher: Seit dem ersten ADAC Vergleich 2019 sind die Preise je nach Ticketart insgesamt nur moderat zwischen 1,33 und 5,11 Prozent gestiegen.
Ähnlich große Unterschiede ermittelten die ADAC Tester bei den Monatstickets für Erwachsene. Hamburg verlangt dafür 112,80 Euro, München 57 Euro – eine Differenz von fast 100 Prozent. Für Tageskarten mussten Erwachsene in Berlin sowie die im selben Verkehrsverbund organisierten Städte Köln/Bonn 8,80 Euro und damit knapp 65 Prozent mehr bezahlen als in Frankfurt, wo das Ticket mit 5,35 Euro zu Buche schlägt.
Bei den Einzelfahrkarten war München am teuersten. Hier mussten Erwachsene mit 3,40 Euro deutlich tiefer in die Tasche greifen als ÖPNV-Kunden in Hamburg mit 2,40 Euro. Auch Kinder werden bei Einzelfahrscheinen auf unterschiedlichste Weise zur Kasse gebeten. In Leipzig lösten sie das Ticket für 1,20 Euro, das sind knapp 60 Prozent weniger als in Berlin und Mannheim, wo das Ticket 1,90 Euro kostete. Auch für Kurzstrecken veranschlagten die Städte unterschiedliche Preise. In Berlin, Köln/Bonn und Leipzig waren dafür zwei Euro fällig, in Bremen, Frankfurt und Stuttgart dagegen 1,50 Euro.
Alle getesteten Städte hatten Einzelfahrscheine sowohl für Kinder als auch Erwachsene im Angebot, ebenso Tageskarten und Monatstickets. Wochen- und Monatskarten konnten bis auf einzelne Ausnahmen flexibel an beliebigen Tagen angetreten werden – das war im Jahr 2019 beim ersten ADAC Preisvergleich noch nicht durchgängig der Fall. Die Fahrradmitnahme war in allen überprüften Städten entweder mit einem Einzelfahrschein oder einem Tagesticket möglich, in Frankfurt, Hamburg und Hannover sogar kostenlos.
Durch die Corona-Pandemie und den massiven Rückgang der Kundenzahlen wurde den Verkehrsverbünden ein tiefes Loch in die Kassen gerissen. Gegensteuern wollen einzelne Städte durch neue Bonus- oder Abo-Modelle sowie mit Rabatten. Damit wollen die ÖPNV-Verbünde verlorene Kunden zurückgewinnen und veränderten Arbeitsmodellen Rechnung tragen.
Die Zukunft dürfte auch so genannten Multimodalitätstarifen gehören. So können etwa die ÖPNV-Kunden in Augsburg für einen fixen monatlichen Preis verschiedene Verkehrsmittel wie Bus, Tram, Leihrad und Carsharing kombinieren und nutzen. Nach dem gleichen Prinzip funktionieren auch arbeitgeberfinanzierte Mobilitätsbudgets. Den Trend zu innovativen eTarifen greift München mit seinem Pilotprojekt „Swipe+Ride“ auf, bei dem mittels eines Check-Ins und eines Check-Outs nach der Fahrt per Smartphone die tatsächlich gefahrene Strecke einfach erfasst und abgerechnet werden kann.
Vor dem Hintergrund der aktuell angekündigten Preissteigerungen im ÖPNV zum Dezember um bis zu 5,5 Prozent, hält der ADAC die Anhebung der Verkehrsmittel unabhängigen Entfernungspauschale für geboten. Zusätzlich sieht ADAC Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand kurzfristig den Bedarf für flexiblere Tarifstrukturen insbesondere für Teilzeitbeschäftige und Home-Office-Nutzer: „Für Verbraucher, die den öffentlichen Verkehr nicht täglich nutzen, bietet die derzeitige Tarifstruktur häufig keine bezahlbaren Angebote. Ein attraktiver ÖPNV ist für die Mobilität der Zukunft unverzichtbar. Dabei geht es den Verbrauchern vor allem um faire Preise, Zuverlässigkeit und eine Ausweitung des Angebots.“
Für den aktuellen Preisvergleich hat der ADAC die Tarifsysteme von deutschen Städten mit mehr als 300.000 Einwohnern überprüft, in denen sowohl Busse fahren als auch ein Schienenverkehrsnetz besteht. Im Fokus waren die sieben gängigsten Ticketarten, die möglichst in allen Städten verfügbar waren: Kurzstrecke, Einzelfahrkarte, Tages-, Wochen- und Monatskarte für Erwachsene, Einzelfahrkarten für Kinder zwischen sechs und 14 Jahren sowie Tickets zur Mitnahme von Fahrrädern.