Wie sehr die Karibik auch heute noch von afrikanischen Traditionen beeinflusst ist, wird Ende April auf Grenadas zweitgrößter Insel Carriacou besonders stimmungsvoll deutlich. Das Maroon & String Band Festival ermöglicht einen erhellenden Blick auf die kulturellen Wurzeln des Eilandes, die zuhauf auf der anderen Seite des Atlantiks liegen.
Obwohl nur 33,6 Quadratkilometer groß und normalerweise von nicht mehr als 8.000 Insulanern bewohnt, scheint Carriacou während der Festivalzeit zum Kristallisationspunkt verschiedener, insbesondere westafrikanischer Sitten und Gebräuche zu werden. Vor allem aber zu einer Open-Air-Arena voll entsprechender Rhythmen.
Die dürfen dann gerne auch mal verschmelzen, so wie die Gene der unterschiedlichen Bewohner Carriacous. Bereits 1000 vor Christus siedelten mit Arawaks die ersten Menschen auf der Insel, gefolgt von Kariben, die ursprünglich aus Südamerika stammten. Letztere sollen mit der ursprünglichen Bezeichnung „Kayryouacou“ auch für den heutigen Inselnamen verantwortlich sein, der so viel bedeutet wie „Land umgeben von Riffs“.
Nach der Entdeckung durch Columbus 1498 gehörte das Territorium später zu Frankreich, ehe ab 1763 die Briten das Kommando übernahmen. Unter ihrer Ägide wurden auch zahllose Afrikaner nach Grenada verschleppt, um als Sklaven auf den Zuckerrohr- und später Muskatnuss-Plantagen zu arbeiten. Ihre Nachkommen bilden das Gros der heutigen Bevölkerung Grenadas und damit auch Carriacous.
Vor diesem Hintergrund überrascht es dann auch nicht, wenn sich das MaroonFestival als Kaleidoskop afrikanischer Traditionen präsentiert. Ursprünglich Erntedankfest, bei dem Himmels- und andere Mächte auch um Segen für die neue Saat gebeten wurden, ist die aktuelle Version eine einzige, drei Tage und Nächte andauernde, farbenprächtige Show aus Musik, Tanz und Gesang nebst der Pflege überlieferter Bräuche. Dazu gehört auch der Verzehr besonderer Speisen wie gebackenes Huhn, gedünstetes Schweinefleisch oder Reiskugeln.
Für die Einheimischen bedeuten die Tage aber auch vielfach ein Fest des Wiedersehens. Freunde und Verwandte, die Grenada und Carriacou verlassen haben und in den USA oder Europa ihr Geld verdienen, kommen gerne anlässlich des Maroon-Festivals in ihre Heimat zurück. Und das Potential ist nicht gering. Man geht davon aus, dass neben den rund 108.000 Einwohnern des (gesamten) Inselstaates weitere 100.000 Grenader im Ausland leben.
Gleichwohl bleibt auch für Touristen genügend Platz, sich in das bunte Spektakel zu stürzen und die außergewöhnliche Lebensfreude der Menschen aufzusaugen. Aber Vorsicht: Ansteckung garantiert!