Am letzten Sonntag im September findet jährlich der Inzeller Michaeliritt mit bis zu 180 Pferden und vielen Trachtenträgern statt, der sich seit 1990 wachsender Beliebtheit erfreut.
Ab dem frühen Morgen werden muskulöse Kruppen gebürstet, Hufe gefettet, Mähnen und Schweife kunstvoll eingeflochten oder auffällige Flachshaarperücken angebracht, Sättel und Zaumzeuge auf Hochglanz poliert, Kutschen genauso wie Festwägen verziert. Beim Inzeller Michaeliritt sollen sich schließlich an die 180 Pferde vom Pony über Haflinger bis zum Süddeutschen Kaltblut von ihrer besten Seite zeigen. Doch auch ihre menschlichen Begleiter können sich sehen lassen: Egal ob rund 150 Reiter, Kutscher, Mitglieder von Kapellen und Vereinen, Gebirgsschützen, Honoratioren oder Ehrenbürger – Trachten bestimmen durchweg das Bild des Umzugs, der sich am Sonntag ab 13.30 Uhr an der Kreuzfeldstraße in Bewegung setzt und bis zur Frauenkirche in Niederachen führt, wo der Pfarrer die Segnung vornimmt.
Dass das alles nicht Anfang November passiert, wenn andernorts in Oberbayern der Heilige Leonhard als Schutzpatron des Viehs mit Bitt‐ und Dankwallfahrten geehrt wird, hat seinen Grund: Weil in dieser Jahreszeit kühle Temperaturen und mitunter sogar weiße Pracht in Inzell als „Schneeloch“ keine Seltenheit sind, wich man in der ersten Hälfe des 20. Jahrhunderts auf den Namenstag des Schutzheiligen der örtlichen Pfarrkirche St. Michael aus, zumal der Michaelitag Ende September auch ein Bauernfeiertag mit Markttreiben war. Als dieser 1950 abgeschafft wurde, fand auch der Ritt für die nächsten vier Jahrzehnte nicht mehr statt. Im Gegenzug zur zunehmenden Motorisierung ging nämlich der Pferdebestand auf den Bauernhöfen zurück. Außer zum gelegentlichen Holzrücken in schwierigem Gelände werden kräftige Rösser seither zwar nicht mehr gebraucht. Dafür hat die Zahl der Hobbyreiter sowie Pferde‐Liebhaber und ‐züchter unter den Landwirten wieder zugenommen – ein Faible, in das viel Zeit und Geld investiert wird. Seit seiner Wiedereinführung 1990 ist daher beim Inzeller Michaeliritt eine stetig wachsende Zahl an Teilnehmern mit von der Partie. Für das Gelingen der Veranstaltung sorgen außer den Pferdefreunden Inzell zahlreiche Ehrenamtliche – egal ob mehrspännige Kutschen mit frischen Blüten und Tannengrün verziert, Geschirre aus Familienbesitz stolz gewienert oder alle Rosserer nach dem Umzug am Badepark zu Blasmusik mit einer stärkenden Brotzeit versorgt werden.
Schon vor dem Michaeliritt lohnt sich ab 9 Uhr der Besuch des Brauchtumsmarktes in der Ortsmitte. Handwerker präsentieren hier ihre selbst gefertigten Produkte; für junge Besucher gibt es ein abwechslungsreiches Kinderprogramm.