Eine Prise Salz liegt immer in der Luft, man schmeckt das Meer – hier auf Helgoland, Deutschlands einziger Hochsee-Insel. Die bunten „Hummerbuden“ säumen die Hafenzeile und mit den Börtebooten ist dies ein postkartenschönes Bild. In den Gewässern um Helgoland lebt der Hummer und auch sein Verwandter, der Taschenkrebs, fühlt sich zu Feinschmeckers Freude hier wohl – den nennen sie hier Knieper, seiner Kneifzangen ähnlichen Scheren wegen. Auch die sind Delikatesse. Helgoland ist mehr, die Insel war Anlaufstelle für Seefahrer der Weltmeere.
Jens Ramke ist Küchenchef im Rickmers Galerie Restaurant im Helgoländer Unterland. Aus dem Knieper zum Beispiel macht er auch ein Sushi, Japan trifft Nordsee. Man denkt an Seefahrt, Weltmeere, ferne Länder. Zur Philosophie des Küchenchefs gehört es auch, Ideen und Zubereitungsarten im Geiste des kulinarischen Austausches früherer Seefahrerzeiten umzusetzen und an die kulinarische Vergangenheit Helgolands und inseltypische Produkte zu erinnern; sei es mit spannender Auswahl, sei es mit zeitgemäßer Interpretation. Wer sich umschaut, wird vielleicht das alte Schwarz-Weiß-Foto entdecken, auf dem Dorsch abgebildet ist, der an der Wäscheleine zum Trocknen im Wind baumelt, anderswo heißt das Stockfisch – und hier gibt es ihn zu gebratenem Kabeljau als Kartoffel-Stockfischpüree. Man denke an die typisch, klassische Seebäder-Küche, wie das gedünstete Dorschfilet mit Kartoffelpüree, Rahmspinat und Pommery-Senfsauce – hier kann man Helgoland, kann man den Charakter einer Hochsee-Insel vor dem Hintergrund der Seefahrergeschichte schmecken. Zurück zum Knieper: in der Vorspeise als Variation vom Helgoländer Taschenkrebs – Knieperlolly, Kniepersalat mit Avocado und Senfeis, Sushi -, eine Creme vom Helgoländer Taschenkrebs als Suppe, im Hauptgang klassisch mit Baguette und Dips. Natürlich gibt es auch Hummer. Das Restaurant liegt an der Flaniermeile im Unterland, zwischen Promenade und Hummerbuden, man hat einen schönen Blick auf den Hafen, die Reede und die Schwesterinsel Düne. Feine Tischkultur und Dinieren in einer einzigartigen Sammlung Helgoländer Gemälde.
Hektik hinter sich lassen und einkehren in den Hafen der Gelassenheit: in der historischen Häuserzeile am alten Hafen in Tönning liegt das Hotel und Restaurant „Zum Goldenen Anker“, ein Ort der Gastlichkeit seit mehr als hundert Jahren. Bis zum Bau des Eidersperrwerkes in den 1970er Jahren war Tönning, gelegen am Mündungstrichter des Flusses Eider, ein wichtiger Fischerei- und Handelshafen. Hafenstadt ist Tönning noch immer, Fisch und Krabben werden noch heute in dieser schmucken Stadt gehandelt. Das alte Packhaus, ein mächtiges Ziegelsteingebäude, zum Beispiel zeugt von der Seefahrer-Tradition. Im Hafenbecken liegen zahlreiche Segelboote, idyllisch und romantisch ist der alte Hafen von Tönning.
Von der Terrasse, oder: vom Sonnendeck, des „Goldenen Anker“ hat man einen schönen Blick über die Flaniermeile auf diese maritime Szene. Ein Besuch lohnt sich umso mehr, denn hier kann man sehr gut Fisch essen und in diesem schönen Ambiente typischer Nordseeromantik schmeckt es noch mal so gut. „Käpt´n“ Willi Peters und seine Crew bekommen fangfrischen Fisch, beispielsweise Seezunge oder Aal. Bekannt ist das Restaurant für „Scholle satt“: Man bekommt ein paar schöne, gebratene Schollen auf der Warmhalteplatte und kann nachbestellen, wie man möchte. Natürlich gibt es den Küstenklassiker Scholle auch nach „Finkenwerder Art“ (mit gebratenem Speck) oder mit frischen Krabben. Dazu Bratkartoffeln oder den köstlichen hausgemachten Kartoffelsalat. Denken sie bei „Scholle satt“ auch an die Dessert-Karte; es wäre schade, wenn für die Rote Grütze, den norddeutschen Nachtischklassiker schlechthin, kein Platz mehr wäre. Es sitzt sich herrlich unter den Linden oder dem Sonnensegel am Logenplatz von Tönning, im „Goldenen Anker“, dem Ort traditioneller, familiärer Gastlichkeit. Und man schaut den Booten zu bei lecker Scholle & Co.
In Tinnum auf Sylt wird Fisch nach alter Tradition über Buchenholz geräuchert, es duftet appetitanregend. Täglich wird der frische Fisch von den Auktionen in Dänemark geholt; Heilbutt und Makrele zum Beispiel, schwammen am Vortag noch in der Nordsee. Bei Blum Fischspezialitäten in Tinnum wird der Fisch je nach Sorte eingelegt oder mit Gewürzen und Kräutern mariniert, dann auf Stangen gehängt und im Buchenholzrauch ein paar Stunden lang geräuchert. Am frühen Nachmittag öffnet der Räuchermeister die Tür des Ofens: warmer Rauch prickelt in der Nase, gold und glänzend hängt der Fisch an Stangen. Fisch zu räuchern ist seit alters her eine Methode, um ihn haltbar zu machen. Räucherfisch hat an der Küste Tradition und ist ein Zeichen kulinarischer Authentizität. Zudem: Räucherfisch ist schlicht lecker! Genießen kann man den Fisch zum Beispiel in den Filialen und Bistros von Blum sowie ausgewählter Sylter Gastronomie. Im Bistro neben dem Betrieb in Tinnum serviert das Blum-Team eine große Auswahl der frisch geräucherten Fisch-Stücke – sie kommen direkt aus dem Rauch, schmecken vorzüglich und jedes hat seinen eigenen, feinen Fischgeschmack. Der Heilbutt ist so zart, noch warm, dass er augenblicklich im Mund zu zerfließen scheint, die Schillerlocke ist knackig im Biss und der Pfeffer hat der Makrele ein zusätzliches feines Aroma gegeben. Blums Favorit ist der heiß geräucherte Stremellachs mit Kräutern, Pfeffer oder natur. Schmeckt auch gut draußen am Strand oder mit Blick auf die Häfen von Sylt.
Eine Farm auf Föhr, Wiesen bis zum Horizont, Rinder grasen. Es gibt leckere Burger und auf dem Grill liegen saftige Dry-Age-Steaks (nach Anmeldung und Führung durch die hauseigene Whisky-Destillerie) – Bilder, die an den weiten, wilden Westen erinnern. „Mein Ururgroßvater wanderte, wie viele Föhrer, Mitte des 19. Jahrhunderts nach Amerika aus. Manche wurden dort Kapitäne – oder sie betrieben als Feinkosthändler in New York Delikatessen-Geschäfte“, berichtet Jan Hinrichsen. Er ist nicht nur Landwirt im Föhrer Westen, sondern auf Hinrichsen´s Familien Farm gibt es ein Hof-Restaurant mit amerikanischem Einschlag. „Die Rezepte für die Feinkostsalate stammen aus New Yorker Zeiten“, berichten die Gastgeber Marret und Jan Hinrichsen. Auf der Farm kommt in die Küche und auf den Grill, was auf den eigenen Weiden aufwächst. Familie Hinrichsen hält Short Horn Rinder und Husumer Protestschweine. Jan Hinrichsen bietet Führungen durch den Betrieb an. Rinder und Schweine leben in der Marsch und erhalten „…ausschließlich Marschwiesenheu und Gras“, zudem den Biertreber aus der Destillerie, auch so entstehe ein herausragender Fleischgeschmack, erklärt Jan Hinrichsen, „das Fleisch hängt sechs bis acht Wochen in unserem Reiferaum – dadurch verliert es an Gewicht und es entsteht ein intensiver und köstlicher Geschmack. Ohnehin haben beide Rassen eine gute Fleischqualität.“
Japanische Rinder an der Nordseeküste: Das Team der Brasserie und Restaurant V in Meldorf hat allerfeinstes Fleisch nach Dithmarschen geholt – zum ersten Mal wird hier Filet und Rumpsteak von Wagyu-Rind angeboten, für Feinschmecker ein absolutes Muss. Das Edelrind wächst in Nordfriesland auf, sein Fleisch gilt Kennern als eines der Allerbesten: „Es ist fein gemasert und gut marmoriert“, sagt Kai Voss, Inhaber des Familienunternehmens, „dieser natürliche Fettgehalt trägt die Aromen – es schmeckt nussig und kräftig, ist unglaublich im Geschmack, aromatisch und butterzart. Es zergeht auf der Zunge.“
Ein Eiergrog im Sommer? „Na klar, unseren Gästen schmeckt er jeder zu Jahreszeit!, sagt Angela Nissen vom Friesen-Café in Nebel auf Amrum. Auch dafür kommen sie, auch dafür nimmt man sich hier Zeit. Im Traditions-Café unter Reet, im Friesenhaus von 1745. „Den Eiergrog haben Anni und Meinert Nissen schon in den 1950er angeboten – Zucker und Eigelb schaumig schlagen, heißen Rum dazu und einen Schluck Wasser.“ Was wichtig ist: Der Eiergrog wird im Friesencafé noch immer von Hand gemacht und „just in time“, wie die Chefin bemerkt. Dafür wartet man gern ein bisschen. Das Sortiment an Torten und Kuchen ist eher klein, dafür sehr fein. Konditorhandwerk alter Schule, Jens Nissen tut dies in dritter Generation. Die Friesentorte natürlich, den Klassiker aus Blätterteig, Sahne und Pflaumenmuß. Aber auch Friesenwaffeln – aus Mürbeteig und mit dem Waffeleisen im Café gebacken. Dazu, beispielsweise, hausgemachte rote Grütze den norddeutschen Nachtisch schlechthin aus Beeren der Saison, hier nach eigenem Rezept (das hat im Norden jede Hausfrau, jeder Konditor) mit Zimt und Kardamom verfeinert (mehr verraten sie nicht). Saisonal auch das Obst: Birnen, Stachelbeeren und Pflaumen gehören hierher. Im Friesencafé gibt es zu gegebener Zeit eine Birnen-Schoko-Lavendel-Quark-Torte, einen Pflaumenstreusel oder Stachelbeere auf Biskuit mit Vanillecreme. Ohne Chichi, einfach gut wie immer schon. Schlicht und schön ist das modernisierte Café, gehalten hauptsächlich in den Farben weiß und blau. So, wie die Strandkörbe auf der Terrasse. Im Gastgarten blühen die Hortensien bis in den Herbst und der Jasmin duftet so schön nach Sommer.