Saragossa (Zaragoza), die Hauptstadt Aragoniens, verfällt vom 8.-16. Oktober 2022 wieder in einen einwöchigen Festtaumel. Zu Ehren ihrer Schutzpatronin Pilar bevölkern zahlreiche Bühnen die gleichnamige Plaza. Die Stautette „Unserer Lieben Frau auf dem Pfeiler“, wie die deutsche Übersetzung für die Virgen del Pilar lautet, befindet sich heute in der um sie herum errichteten Basílica del Pilar, der größten Barockkirche Spaniens.
Das Patronatsfest selbst findet am 12. Oktober statt, an dem zugleich der spanische Nationalfeiertag begangen wird. Die Virgen del Pilar gilt sowohl als Schutzheilige Spaniens als auch der „Hispanidad“, weil Christoph Kolumbus am 12. Oktober 1492 Amerika für das spanische Weltreich entdeckte.
Neben den religiösen Feierlichkeiten verzücken Jota-Wettbewerbe die Feiernden mit Tanz und Musik. Der Tragachicos, auch unter dem Namen Tragantúa bekannt, fasziniert sie in Gestalt eines Riesen, der alles Kleine verschlingt, alte Frauen erschreckt, Fremde überrascht und von denjenigen bewundert wird, die ihn zum ersten Mal sehen.
Mit dem Blumenopfer für die Jungfrau „Virgen del Pilar“ und der Kristallrosenkranzprozession erwacht das traditionelle Zaragoza zu neuem Leben, und die Kirmes auf den Festplätzen hält Jung und Alt bis zum Morgengrauen wach.
Auch wenn man es meinen könnte, handelt es sich bei den Fiestas del Pilar um noch kein sehr altes Fest. Schriftlichen Aufzeichnungen zufolge gehen die ersten Feierlichkeiten auf den Beginn des 19. Jahrhunderts zurück; wichtige Wahrzeichen wie das Blumenopfer für die Jungfrau kamen erst in den 1950er Jahren auf.
Die ersten Pilarista-Feiern hatten recht wenig mit den heutigen Festivitäten gemein. Im Jahr 1723 fanden die Feierlichkeiten mit einem allgemeinen Umzug am 12. Oktober statt, der von Trompetern und Paukern der Stadt begleitet wurde. Im Mittelpunkt des Festgeschehens standen Stierkämpfe wie auch Prozessionen und Messen, die nacheinander in den beiden Metropolitankirchen stattfanden. Später kamen das Glockenspiel zu Beginn der Feierlichkeiten, Umzüge, Blaskapellen, Triumphwagen, Feuerwerk und Wagenparaden als Neuerung hinzu.
Erst im Jahr 1894 wurde eines der wichtigsten Ereignisse der Fiestas, der offizielle Jota-Wettbewerb ausgetragen, der sich bis zum heutigen Tag erhalten hat. Zu den sportlichen Aktivitäten der Fiestas von 1932 gehörten außerdem ein Radrennen im Velodrom von Torrero, Wettschwimmen durch den Ebro, ein Reitwettbewerb, Leichtathletikkämpfe, eine Schnitzeljagd im Automobil sowie Flieger- und Aeroclub-Festivitäten.
Als die Feierlichkeiten in ihrer Diversität langsam aus den Fugen gerieten, wurde 1928 gefordert, dass sie sich auf drei Anlässe bzw. Themen sollten: die Jungfrau Pilar, die Jota und Feldfrüchte, Getreide und Obst. Zu diesem Zweck wurden Landwirtschaftsmessen und Landmaschinenausstellungen organisiert, die gleichzeitig auch durch volkstümliche Veranstaltungen wie Bacchus-Umzüge bereichert wurden, auf denen die Naturprodukte der Region zur Schau gestellt wurden.