Noch in diesem Frühjahr wird das neue Museums- und Bildungszentrum des Riesengebirgs-Nationalparks in Sobieszów (Hermsdorf am Kynast) seine ersten Besucher empfangen. Die mehrjährigen Restaurierungsmaßnahmen am einstigen Park- und Palastensemble der Grafen Schaffgotsch sind abgeschlossen. Derzeit laufen noch letzte Arbeiten an den Ausstellungen. Die Eröffnung ist für Ende März vorgesehen. Der Familie Schaffgotsch gehörten einst große Ländereien in Niederschlesien. Sobieszów ist ein Stadtteil von Jelenia Góra (Hirschberg) am Rande des Riesengebirges.
Nachdem Burg Kynast, der Sitz der Familie Schaffgotsch, 1675 nach einem Blitzschlag ausgebrannt war, ließ man von 1705 bis 1712 im nahegelegenen Hermsdorf ein neues Palais errichten. Doch schon wenige Jahre später zogen die Schaffgotsch weiter in ihr neues Schloss im benachbarten Bad Warmbrunn (heute Cieplice Śląskie-Zdrój). Danach diente das Hermsdorfer Schloss als Sommerresidenz der Familie, später als Verwaltungs- und Gerichtssitz. Nach der Enteignung 1945 residierte dort eine Landwirtschaftsschule. Im Jahr 2012 übernahm die Verwaltung des Nationalparks Riesengebirge (Karkonosze) das Schloss mit seinen Nebengebäuden, um ein Bildungszentrum und Museum zu schaffen. Die aufwendigen Restaurierungsarbeiten zogen sich nicht zuletzt in Folge der Corona-Pandemie hin.
Natur, Geschichte und Gegenwart treffen im neuen Nationalparkzentrum aufeinander. Im Untergeschoss des restaurierten Schlosses wird eine ständige Ausstellung über Leben und Wirken der Familie Schaffgotsch informieren. Dabei sollen die Besucher einen Einblick bekommen, welche Rolle sie für die Wald- und Landwirtschaft sowie den Naturschutz und Tourismus in der Riesengebirgsregion spielten. Ihre aus Franken stammenden adligen Vorfahren kamen im 12. Jahrhundert nach Schlesien. 1360 erhielt Gottsche I. Schoff die Burg Kynast zum Lehen. Er gilt als Stammvater der Schaffgotsch, die sich in den folgenden Jahrhunderten zu einem der einflussreichsten Herrschergeschlechter Schlesiens entwickelten.
In den beiden Obergeschossen wird künftig die Nationalparkverwaltung residieren. Der neue Hauptsitz des Nationalparks nutzt neben dem Schloss auch die übrigen Gebäude des Anwesens. Die interaktiv gestaltete naturkundliche Ausstellung zum Riesengebirge ist künftig im Großen Pferdestall untergebracht. Dieser wurde durch einen Neubau mit den übrigen Wirtschaftsgebäuden verbunden. Der mit einer Glasfassade versehene Verbindungsbau dient gleichzeitig als Eingang zum Gelände. Anhand verschiedener aktiv veränderbarer computergestützter Modelle erfahren Besucher in der Ausstellung das Wichtigste über die einzelnen Höhenstufen und Vegetationsstufen sowie über die Tierwelt des Mittelgebirges, das aufgrund seiner speziellen Bedingungen von einem alpinen Klima beherrscht wird.
Im Obergeschoss des Kleinen Pferdestalls soll künftig ein Restaurant Besucher empfangen, im Erdgeschoss wurde ein Konferenzsaal für bis zu 150 Personen eingerichtet. Dort können Besucher bereits seit vergangenem Herbst die multimediale Ausstellung „Riesengebirge“ sehen, die im Rahmen des deutsch-polnischen Interreg-Projektes „Schlesien ¬– Gemeinsames Kultur- und Naturerbe“ entstanden ist. In vier Sprachen, darunter auch Deutsch, informiert sie über die Geschichte und Gegenwart der Kultur- und Naturlandschaft im Dreiländereck mit Tschechien und Deuschland.
Weitere Ausstellungs- und Seminarräume sowie eine Workshop-Küche, Übernachtungsmöglichkeiten und ein Geschäft mit lokalen Produkten wurden im alten Verwalterhaus sowie einem historischen Speicher eingerichtet. Ebenfalls revitalisiert wurde das Parkgelände. Auf einem eigens eingerichteten Lehrpfad können große und kleine Besucher auf den Spuren der einstigen Gutsverwalter wandeln. Im Herzen des Schlosshofes wurde ein Obstgarten mit historischen lokalen Sorten angelegt. Darüber hinaus gibt es dort Raum für Open-Air-Veranstaltungen, einen Spielplatz und eine Freizeitwiese.