Die Kanareninsel La Palma blickt auf eine bewegte Geschichte zurück: von den Benahoaritas, den Ureinwohnern La Palmas, über die Eroberung durch das Königreich Kastilien im Jahre 1492 bis hin zum wirtschaftlichen Aufschwung durch Zuckerrohr-, Wein- und Bananenanbau. Viele Legenden und Erzählungen sind im Alltag der Palmeros noch heute präsent und eng verbunden mit der Insel und ihren Orten. Ob am Aussichtspunkt bei La Galga oder auf dem Dach der Insel, dem Roque de los Muchachos, auf der Isla Bonita erzählt jeder Fleck seine eigene Geschichte – mal romantisch, mal abenteuerlich. Niemand weiß, wer die Legenden zum ersten Mal von Dorf zu Dorf trug, doch auch im 21. Jahrhundert werden sie von Generation zu Generation weitererzählt.
Tragisch und romantisch: der Sprung der Verliebten
Einst unterzog sich ein junger Hirte aus La Galga einer riskanten Prüfung, um das Herz eines Mädchens zu gewinnen. Als Beweis der Zuneigung verlangte seine Angebetete, dass er sich dreimal mit Hilfe einer traditionellen Sprunglanze über dem Abgrund einer Schlucht nahe Puntallana im Kreis drehen sollte. Doch nach zwei erfolgreichen Anläufen, verließ ihn beim dritten Versuch wohl sein Glück: Der Holzstab zerbrach und der Hirte stürzte in die Tiefe. Heute erinnert eine Statue, die den Hirten mit seiner Lanze zeigt, an diese Legende – der Ort des Unglücks ist unter Einheimischen als „El Salto del Enamorado“, der Sprung des Verliebten, bekannt.
Das Veilchen auf dem Roque: La Palmas Version von Romeo und Julia
Viola Palmensis, das La Palma-Veilchen, reckt seine violetten Blütenblätter von April bis Juni der Sonne entgegen. Ihr Zuhause sind die kargen und trockenen Berghänge rund um den höchsten Berg der Vulkaninsel, den Roque de los Muchachos. Doch eine Legende besagt, dass dieser Ort kein Zufall sei. Es wird von einem jungen Paar berichtet, das sich hier heimlich traf, denn ihre Liebe zueinander wurde nicht akzeptiert. Der Teufel wollte dies verhindern und errichtete aus Wut eine Mauer zwischen den Verliebten. Der junge Mann versuchte die Mauer zu überwinden und stürzte in den Abgrund. Doch das Mädchen gab die Suche nicht auf bis sie selbst zu Tode kam, an jener Stelle an der jedes Jahr im Frühling das Veilchen blüht.
Die Zwillingsdrachenbäume von Breña Alta: für immer Eins
Als Breña Alta im Jahre 1492 noch zum Kanton Tedote gehörte, lebte dort eine junge Frau deren Blick gleich zwei Zwillingsbrüder verfallen waren. Dies hatte keine Zukunft und so sollte ein Kampf entscheiden, welcher der beiden Brüder als Sieger dieses Liebesduells hervorgeht, doch beide starben während der Auseinandersetzung. Trauer erfüllte die junge Frau sowie auch der Wunsch nach einem realen Andenken an die Zwillinge, die sie ihr Leben lang in Erinnerung behalten wollte. Sie suchte zwei Zweige von Drachenbäumen – in der Antike das Symbol für Unsterblichkeit – und pflanzte diese nah beieinander am Ort des Geschehens. Die Zeit ließ die Drachenbäume wachsen, ihre Äste verflochten sich miteinander. Noch heute reckt sich in Los Llanitos de Breña Alta eine einzelne Baumkrone in den Himmel – auf zwei parallelen Stämmen: die Zwillingsdrachenbäume.