Wann erfolgt auf La Palma die Bescherung? Was haben Rosinen mit Wünschen zu tun? Wer oder was stellt eigentlich das Reiterle dar? Wie schmeckt Lebkuchenbratwurst? Und warum singen auf den US-Jungferninseln alle das gleiche Lied? Weiße Weihnacht oder Feiern unter Palmen: Die Feierlichkeiten zum Jahresende unterscheiden sich nicht nur klimatisch. Gepflogenheiten, Gebräuche und Traditionen sind teils so unterschiedlich, dass es oftmals ausführlicher Erklärungen bedarf.
Regionale Würze aus dem Fichtelgebirge
Lebkuchenbratwürste, Fisch im Lebkuchenteig oder Wildschweinburger mit Lebkuchenchutney. Wenn vom 27. bis zum 29. November 2020 im Fichtelgebirge der Rehauer Lebkuchenmarkt stattfindet, kredenzen eine Vielzahl namhafter regionaler Lebkuchenbäckereien und Manufakturen ihre Kreationen. Likör, Glühwein und Stollen gibt es natürlich auch – aber alles nur in Verbindung mit dem würzigen Weihnachtsgebäck. Der Titel „1. Deutscher Lebkuchenmarkt“ wäre gar nicht so falsch, denn dieser besondere Markt existiert einzig in der oberfränkischen Kleinstadt und nur hier kommen die verschiedenen Hersteller zusammen. Der Lebkuchen gilt als wichtiger Bestandteil der regionalen Backkultur und ist Teil der kulinarischen Weihnachtstraditionen des Fichtelgebirges.
Heiße Weihnacht in Südost-Finnland
Eine der ältesten Weihnachtstraditionen trägt den Namen Joulusauna. In Finnland, dem Land des Weihnachtsmannes, ist der Nachmittag von Heiligabend dem gemeinsamen Schwitzen gewidmet. Schon in der Vorbereitung und dem Anheizen der Sauna – heute natürlich dank Elektrosaunen mit weniger Mühe verbunden – ist die Ruhe von großer Bedeutung und Stress in weiter Ferne. Noch bis Mitte des 20. Jahrhunderts war es auf dem Land üblich, schon früh die Sauna zu befeuern und dann die Arbeit Arbeit sein zu lassen. Kerzen, Laternen sowie Kiefer- und Tannenzweige sorgen für eine weihnachtliche Atmosphäre und den passenden Duft. Die Abkühlung danach wartet in den zahlreichen finnischen Seen oder ganz einfach im Schnee.
Fränkische Fantasie in Rothenburg ob der Tauber
In Rothenburg ob der Tauber warten Besucher nicht etwa auf Christkind oder Weihnachtsmann. Der Reiterlesmarkt in der mittelfränkischen Altstadt hat einen anderen Hauptdarsteller: das Reiterle. Die sagenhafte Gestalt, der Namensgeber des traditionellen Weihnachtsmarktes, ist eine im Volksglauben früherer Zeiten verbreitete Gestalt der Rauhnächte, jener Nächte um den Jahreswechsel. Furcht und Liebe brachte ihm das Volk entgegen, denn er strafte schlechte Taten und schuf zugleich Abhilfe bei Leid, Krankheit und Hunger. Der Reiterlesmarkt blickt auf 500 Jahre gelebte Tradition zurück; eines hat sich jedoch über die Jahrhunderte deutlich geändert: Heute gilt das einst wilde, furchteinflößende und unheimliche Reiterle als gutmütig, freundlich und spendabel und der düstere Teil der Sage rückt insbesondere in der Adventszeit in weite Ferne.
Wunschkonzert auf Madeira
Zwar wird die Weihnachtszeit auf Madeira im Grünen verbracht, jedoch wird nicht weniger festlich gefeiert als andernorts. Bunte Lichterketten und glitzernde Girlanden lassen die Hauptstadt Funchal in festlichem Licht erstrahlen. Gäste erfreuen sich an Leckereien wie dem traditionellen Honigkuchen. Fulminant wird hier das Jahr beendet, findet auf Madeira doch zu Silvester traditionell das größte Feuerwerk der Welt statt. Acht Minuten dauert das bunte Spektakel mit tausenden Feuerwerkskörpern, die an verschiedenen Orten gezündet werden. Inmitten des Trubels gehen die Einheimischen ihrem ganz eigenen Brauch nach: Pünktlich um Mitternacht werden traditionell zwölf Rosinen verspeist – jede repräsentiert dabei einen Wunsch für das neue Jahr. Am 10. Januar wird die Weihnachtsbeleuchtung auf der Insel ausgeschaltet – und die Festivitäten somit offiziell beendet.
Langes Warten auf La Palma
Weihnachten auf La Palma ist die Zeit der Krippen und Weihnachtssterne. Doch die Festtage auf der Kanarischen Insel unterscheiden sich von jenen in Zentraleuropa. Wenn am 22. Dezember die Ziehung der Weihnachtslotterie erfolgt, hoffen viele Palmeros auf den großen Gewinn. An Heiligabend wird meist Hühnersuppe aufgetischt, doch Geschenke gibt es an diesem Tag nicht. Diese bringen erst die Heiligen Drei Könige am sechsten Januar. Um den Weisen aus dem Morgenland den richtigen Weg zu zeigen, stellen die Kinder La Palmas am Vorabend Schalen mit Wasser und Kräutern – für die Kamele – sowie mit Früchten und Süßigkeiten – für die Könige – vor ihre Zimmertür. Die Bescherung kann beginnen!
128 Tage Weihnachten auf den Philippinen
Es weihnachtet sehr – über vier Monate lang: Auf den Philippinen gibt es nicht nur ein Weihnachtsfest, sondern gleich eine ganze Weihnachtssaison, die schon am 1. September beginnt und am 6. Januar ihr Ende findet. Traditionellen Papierlaternen sorgen in dieser Zeit für einen besonderen, sinnlichen Rahmen. Die Tradition begann im Jahr 1928 mit der Produktion der ersten Lampen aus Bambus und Papier. Ursprünglich dienten sie dazu, den Gläubigen den Weg zur rituellen Christmette zu erleuchten, verfügten die meisten ländlichen Gebiete damals doch nicht über Strom. Heutzutage werden die Laternen, Parols genannt, zwar nicht mehr als Wegweiser benötigt und meist durch elektrische Lichter ersetzt, dennoch werden sie vielerorts noch immer als symbolisches Leitlicht aufgehängt, um die Winternächte zu erhellen.
Besungene Exotik auf den US-Jungferninseln
Weißer Sand statt Schnee: Die US-Jungferninseln sind ein Paradies in der Karibik. Weihnachten nach amerikanischem Vorbild bekommt hier den exotischen Feinschliff. Dazu gehört Guavaberry-Rum. Die Liedzeile „Good mornin‘, good mornin‘, ah come fo‘ mi Guavaberry“ kennt jeder Insulaner. Denn wenn die Weihnachtssänger mit diesen Worten durch die Straßen ziehen, weiß ein jeder, dass es an der Zeit ist, den Guavaberry-Rum zu servieren. Hauptzutat des Getränks, welches auf einem uralten Rezept basiert, sind Guavaberries – auch Rumbeeren genannt –, die im bergigen Norden der Inseln wachsen. Sie reifen im Dezember, werden püriert und mit Zitronenabrieb, Gewürzen, Rum und einer kleinen Menge Beerensamen aus der Vorjahresernte vermengt. Nach mehrmonatigem Ziehen wird das Ergebnis meist mit „Sweet Bread“, süßem Brot, serviert.
Keine stille Nacht auf Puerto Rico
Die puerto-ricanische Weihnachtszeit findet ihren Höhepunkt im „Festival de las Máscaras“, dem Maskenfest, welches am 28. Dezember in Hatillo gefeiert wird. Die Stadt an der Nordküste der Insel übernahm diese Tradition von den spanischen Siedlern, die von den Kanarischen Inseln kamen und 1823 Hatillo gründeten. Insbesondere im Süden von Puerto Rico ist der „Día de Reyes“ am 6. Januar von großer Bedeutung und fester Bestandteil des Weihnachtsfestes, welches auf Puerto Rico bis in den ersten Monat im neuen Jahr reicht. Seit 1884 widmet sich die Straßenparade den Weisen aus dem Orient und erzählt die Geschichte der Insel. Mit dem legendären viertägigen Straßenfest „Fiestas de la Calle San Sebastián“ in San Juan findet die Weihnachtszeit ihren krönenden Abschluss.
Lichterzauber in Georgia, USA
Das Lichtspektakel „Fantasy in Lights” in den Callaway Gardens gehört laut National Geographic Traveler zu den zehn schönsten, beleuchteten Orten im Advent und für viele Familien im US-Bundesstaat Georgia zur Weihnachtstradition. Alljährlich zwischen Ende November und Anfang Januar erhellen acht Millionen Lichter in den Abendstunden die Gärten des Callaway Resorts in Pine Mountain, eine Stunde von Atlanta entfernt. Per Jolly Trolley oder im eigenen Auto fahren Besucher durch glitzernde Lichterwälder, durch ein Lebkuchenhaus oder einen überdimensionalen Adventskranz – allesamt aus tausenden von Lichtern errichtet. Nach dem Besuch des hiesigen Weihnachtsdorfes wartet zu Hause eine traditionelle Weihnachtsleckerei: saftig-süßer Pecan Pie. Natürlich mit Pekannüssen aus Georgia, die auf vielen Farmen im Bundesstaat angebaut werden.
Glanzleistung in Tokio
Leuchtreklamen und Neonlichter, ein pulsierendes Nachtleben, kulinarische Genüsse – das gesamte Jahr über lässt das nächtliche Tokio keine Langeweile aufkommen. Besonders hell erstrahlt Japans Hauptstadt, wenn das Jahr sich dem Ende neigt: Dann verwandeln riesige Baumilluminationen und funkelnde Kunstwerke die winterliche Metropole in einen farbenprächtigen Lichtertraum. Zu den absoluten Highlights unter den Lichterkunstwerken zählt das Einkaufszentrum Caretta Shiodome, in dem die winterliche Beleuchtung eine langjährige Tradition hat. Täglich erstrahlen von 17 bis 23 Uhr mehr als 250.000 LEDs, die alle 20 Minuten eine Lichtershow inszenieren. Ein rosa Lichterzauber erwartet Spaziergänger entlang des Meguro-Flusses. Hier schmücken mehr als 400.000 rosafarbene LEDs die zahlreichen Kirschbäume entlang des Ufers.