Dr. Bernagozzi, was macht ein Mindfulness-Trainer?
„Ich gebe Kurse und leite Meditationen. Achtsamkeit ist einfach ‚bewusstes Sein‘, im gegenwärtigen Moment präsent zu sein. Etwas, das uns in unserem Leben schwerfällt. Es geht um Übungen, mit deren Hilfe man sich ganz bewusst auf das Hier und Jetzt einlässt. Also darum, sich weder mit der Vergangenheit noch mit der Zukunft zu befassen. Das hilft beim Stressabbau.“
Unter welchen Gesichtspunkten haben Sie Mindful.Latemar konzipiert?
„Ich praktiziere Mindfulness-Training schon seit Jahren indoor und habe bereits in Großstädten vergleichbare Wege und Übungen in Parks entwickelt. Dann habe ich den Golfrion in Obereggen entdeckt, auf dem man – entlang des bestehenden Wanderwegs – eine dauerhafte Tour etablieren konnte. Ich wollte meine Kurse in die Natur bringen, da bei der Outdoor-Meditation der Spiegel des Stresshormons Cortisol gesenkt wird. Wenn ich in der Natur meditiere, bekomme ich mit ihr eine Verbindung und damit auch eine bessere Verbindung zu mir selbst“.
Warum wurde der Weg am Golfrion angelegt?
„Weil der Golfrion an sich ein Kraftplatz ist und weil er auch schon so viel erlebt hat. Im Zuge des Vaia-Sturms 2018 wurden hier fast alle Bäume entwurzelt, jetzt bietet sich eine 360° Rundumsicht. Für die Einheimischen ist der Golfrion nach dem verheerenden Unwetter zu einem Ort von Beständigkeit und Resilienz geworden. Er steht fürs akzeptieren und nicht aufgeben. Durch die fehlenden Bäume bietet er jetzt Blicke auf das eindrucksvolle Latemar-Gebirge, aber gleichzeitig Ruhe, weil er ein Stück abseits der anderen Themenwege liegt.“
Für wen eignet sich der erste Achtsamkeits-Weg in den Alpen?
„Der Weg eignet sich für alle, auch für Unerfahrene in diesem Bereich sowie für Familien und Kinder. Denn er hat nur 50 Höhenmeter Steigung und ist 1,3 Kilometer lang. Zum Ausgangspunkt geht es von Obereggen aus bequem mit der Kabinenbahn Ochsenweide.“
Was für Hilfestellungen bzw. Aufgaben bekommen die Gäste von Ihnen dabei?
„Meistens sind es verschiedene Meditationen, um Bewusstsein für die Natur zu erlangen. Es geht los mit dem Berg: Man spürt die Beschaffenheit des Bodens, die Temperatur, vielleicht den Wind. Dann geht es zum Körper: Wie ist meine Atmung, was für Emotionen spüre ich etc. Als erstes fühlt man also das Äußere, dann wendet man sich dem Inneren zu. Mindful.Latemar ist eine Reise, die Gedanken bleiben im Tal und wir sind im Hier und Jetzt bei unserem Körper.“
Was möchten Sie den Menschen mit auf dem Weg geben, die sich auf den Parcours einlassen?
Ich möchte begreiflich machen, wie wichtig es ist, sich seines eigenen Lebens bewusst zu sein. Wenn ich öfters in mich hinein höre und mir die richtigen Fragen stelle, kann ich Muster und Gewohnheiten ans Licht bringen und dann vielleicht auch durchbrechen. Der richtige Weg startet also erst sozusagen nach dem Pfad.“
Interview: KunzPR