1.) Ausgeklügelte Dramaturgie: Der Nikolaus in himmlischer und teuflischer Begleitung
In der Adventszeit umgibt die tschechischen Städte und Gemeinden, Burgen und Schlösser, eingehüllt in festlichen Lichterglanz, ein besonderer Zauber. Der erste Vorbote der Weihnachtsfesttage ist auch in Tschechien der Heilige Nikolaus, dort als Svatý Mikuláš bekannt. In Tschechien klingelt er schon am 5. Dezember, am Vorabend des Nikolaustags, an den Türen und verteilt kleine Überraschungen und Süßigkeiten an Kinder. Aber der Nikolaus kommt nicht allein: Zunächst tritt ein Engel (anděl) mit einem Gabenkorb ein und stellt den Kindern den Nikolaus vor. Danach tritt der Čert hinzu, hierzulande ist die teuflische Begleitung auch als Krampus bekannt. Brave Kinder werden mit Leckereien belohnt. Wer unartig war, bekommt vom Teufel in Tschechien einen Sack Kartoffeln oder Kohle.
Üblicherweise sehen aufmerksame Beobachter an diesem Tag auf den Straßen im ganzen Land den Nikolaus mit seiner Begleitung. Wem der alte Mann mit dem weißen Bart, dem Bischofsgewand und -stab keinen Hausbesuch abstattet, der hängt in Tschechien, anders als hierzulande, wo die Kinder einen Stiefel vor die Tür stellen, traditionell einen Strumpf ins Fenster.
2.) Weihnachtskarpfen aus der Badewanne und Schuppen im Geldbeutel
Traditionell wird in Tschechien seit dem 19. Jahrhundert an Weihnachten nach einer Fischsuppe Karpfen mit Kartoffelsalat serviert. Eine gängige Zubereitungsweise ist Karpfen blau, die Namensgebung ist auf die blassblaue Verfärbung der Fischhaut während des Garens zurückzuführen. Beim Schlendern durch die tschechischen Städte können Besucher allerorts Bottiche voller Karpfen entdecken. „From head to tail“ nimmt man hier wörtlich, denn bei der Zubereitung wird das ganze Tier verwertet. Den Schuppen kommt eine besondere, eine magische Bedeutung zu: Nach allgemeinem Brauch legt man am Weihnachtsfest Schuppen ins Portemonnaie – der Legende nach ein Garant für einen vollen Geldbeutel rund ums Jahr. Und: Wer keinen Karpfen isst, kauft meist trotzdem einen! Der Fisch schwimmt kurz in der Badewanne und wird dann von den Kindern mit ihren Eltern zurück in die Freiheit entlassen. Dies bringt zumindest dem Fisch Glück.
3.) Von wegen Glaskugel: Apfelschneiden, Schuhwurf und goldenes Schweinchen als Omen fürs kommende Jahr
4.) Krippe mit Kultstatus: Animierte Filigrankunst im XXL-Format von Meister Probošt
Krippenbau hat in ganz Tschechien Tradition: Im böhmisch-mährischen Hochland gibt es Familien, die sich seit über 200 Jahren der Krippenbaukunst widmen wie in der kleinen Stadt Třešť. Üblicherweise öffnen die Künstlerfamilien hier zur Weihnachtszeit ihre Häuser und Werkstätten für Besucher. Zum nationalen Kulturdenkmal wurde die über 120 Jahre alte Probošt-Weihnachtskrippe im ostböhmischen Třebechovice pod Orebem ernannt: 40 Jahre baute der nach ihr benannte Meister Jan Probošt an diesem hochkomplexen Meisterwerk mit dem Maßen 7 x 3 x 2 Meter. Es besteht aus mehr als 2.000 von Hand gefertigte Teilen. Erzählt wird die Geschichte von der Geburt Jesu bis zu seiner Auferstehung. Auf sieben Ebenen stellte der Künstler das Leben und die Arbeit der einfachen Leute dar, wobei sich rund 400 Figuren sich durch einen feine Mechanik durch die Szenerie bewegen. Heute ist seine filigrane Schöpfung im ganzjährig geöffneten Krippenmuseum in Třebechovice zu bestaunen.
5.) Glasperlen und -kugeln für den feierlichen Glanz
In Tschechien schmückt man den Weihnachtsbaum mit besonderen Glaskugeln: Zahlreiche Manufakturen im ganzen Land stellen bis heute den zarten Baumschmuck auf aufwendige traditionelle Weise her. In Glasbläsereien werden die originellen Schöpfungen in die gewünschte Form gebracht. Dabei sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt, es entstehen nicht nur Kugeln und Glöckchen, sondern auch ausgefallene Kreationen wie Raketen oder Tiere aller Art. Danach werden sie versilbert und gefärbt und erhalten ihre bunt-metallische Unterschicht. Abschließend wird der Glasschmuck kunstvoll verziert. Manche Glaskreationen lassen sich auch personalisieren – ein schönes Erinnerungsstück aus dem Winterurlaub. Unter normalen Bedingungen kann man die Betriebe bei einer Führung besichtigen und den Künstlern bei ihrem Hand- oder besser: Mundwerk zuschauen.