Mit Beginn der kalten Jahreszeit bietet die UNESCO-Welterbestadt Stralsund von November an jeden Samstag wieder Stadtführungen an, die den Besuch des Hackertschen Tapetensaals im Olthofschen Palais beinhalten. „Der Saal ist ein ganz besonderes kunsthistorisches Kleinod“, berichtete Stadtführer Uwe Drafz. An drei Wandseiten bildeten die gemalten Architekturelemente Öffnungen für sechs Gemälde mit einer Größe von etwa zwei mal einem Meter. „Wer den Saal betritt, sieht hauptsächlich Elblandschaften.“ Der Landschaftsmaler Jakob Philipp Hackert (1737–1807) habe der Hansestadt Stralsund ein bedeutendes Kunstwerk des Klassizismus hinterlassen.
Bisherigen Erkenntnissen zufolge hatte 1762 der Eigentümer und schwedische Regierungsrat Baron Adolf Friedrich von Olthof (1718–1793) dem damals noch unbekannten Hackert den Auftrag erteilt, den Raum zu gestalten. „Für seine Tapeten bemalte Hackert eine mit Papierbögen beklebte Wandbespannung aus Leinwand und verwendete dafür Temperafarben“, sagte Drafz.
Hackert selbst sei den Erkenntnissen zufolge nie in Sachsen gewesen, er habe seine Zeichnungen nach den Vorlagen anderer Gemälde gefertigt. Im etwa 50 Quadratmeter großen Tapetensaal ist nun eine Stadtansicht von Dresden mit der Frauenkirche, dem Stadtschloss und den Elbauen zu sehen. Ein zweites Bild zeigt die Burg Schreckenstein im heutigen Ústí nad Labem in Tschechien. Weitere Objekte sind die Festung Königstein im Elbsandsteingebirge sowie die Stadt Tharandt südwestlich von Dresden. „Bei einem Bild handelt es sich um eine italienische Ideallandschaft mit Tempelanlage und Gondeln und beim sechsten Bild ist der zentrale Teil nicht mehr vollständig vorhanden.“ Im 19. Jahrhundert wurde für den Einbau eines Kachelofens ein etwa ein Meter breiter Streifen herausgeschnitten, wie Drafz erklärte.
Der Saal selbst mute wie ein antiker Pavillon an, von dem aus der Blick in die Natur fällt. Auch der Saalboden, der ebenfalls Hackert zugeschrieben wird, sei bemerkenswert. „In seiner Malweise erscheint er wie ein viereckiges Becken und steigert damit die Wirkung des Saals zusätzlich.“ Dieser Fußboden sei in den 1970er Jahren überraschend entdeckt worden. Daraufhin wurde die Wiederherstellung des Saals beschlossen. Bei der Restaurierung von 1984 bis 1988 sei allerdings ein giftiges Holzschutzmittel verwendet worden, was die jahrelange Sperrung des Hauses zur Folge hatte. „Erst seit dem Ende der Komplettsanierung 2011 ist der Saal wieder zugänglich“, sagte Drafz. Wegen den besonderen klimatischen Bedingungen und zum Schutz der Tapeten sei der Zugang zeitlich allerdings sehr beschränkt.
Der Tapetensaal ist nur ein Teil des Ganges durch die Weltkulturerbestadt. „Die mittelalterliche Struktur ist noch wunderbar erhalten“, sagte Drafz. Zum Rundgang gehörten beispielsweise die drei großen Kirchen der Stadt und das Rathaus, zudem sei ein mittelalterliches Haus auch von innen zu sehen. Der Olthofsche Palais ist heute Sitz des Welterbe-Managements und beherbergt im Erdgeschoss die Welterbe-Ausstellung.