Eine international besetzte Jury kürte jetzt die südostpolnische Stadt Lublin zur Europäischen Kulturhauptstadt des Jahres 2029. Die alte Königsstadt hat sich im Finale gegen Katowice (Kattowitz), Bielsko-Biała (Bielitz-Biala) und Kołobrzeg (Kolberg) durchgesetzt. Ihr Programm „RE:UNION“ will Vergangenheit und Gegenwart sowie Menschen über alle Grenzen hinweg verbinden.
Lublin blickt auf eine jahrhundertelange Geschichte zurück. 1569 wurde dort die Lubliner Union zwischen dem Königreich Polen und dem Großfürstentum Litauen geschlossen. Damals entstand dort Europas mächtigster Flächenstaat der frühen Neuzeit. Das rund 175 Kilometer südöstlich von Warszawa (Warschau) gelegene Lublin war eines der bedeutendsten Zentren jüdischen Lebens in Polen. Heute leben dort fast 350.000 Menschen, es gibt elf Universitäten und Hochschulen sowie eine rege Kultur- und Kunstszene.
Der Programmentwurf für das Kulturhauptstadtjahr Lublins nimmt dabei sowohl den Namen der historischen wie auch den der heutigen Europäischen Union auf. RE:UNION will einen Beitrag zur Wiedervereinigung der Menschen in einer EU leisten, die sich in einem Moment der Krise und des Auseinanderdriftens befindet. Als Kristallisationspunkt dient dabei der völkerverbindende Aspekt der Union von 1569, die für einen Moment lang Menschen mit polnischen, litauischen, belarussischen, ukrainischen und deutschen Wurzeln, Christen, Juden und Orthodoxe miteinander vereinte.
Nach Jahren der sozialen und kulturellen Distanzierung sollen die Menschen wieder zueinanderfinden – durch die Auseinandersetzung mit Kunst, Geschichte und modernen Ausdrucksformen. Dabei spielt die Verschmelzung von Vergangenheit und Gegenwart eine zentrale Rolle. In Lublin sollen historische Stätten und Erzählungen durch moderne Technologien neu erlebbar werden. Digitale Medien und traditionelle Formen sollen dafür miteinander in Dialog treten.
Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Stärkung der kulturellen Vielfalt in den Stadtvierteln. Kulturprojekte sollen auch abseits der großen Veranstaltungszentren stattfinden und dabei lokale Akteure einbinden. Kultur soll nicht nur konsumiert, sondern aktiv gestaltet und als Gemeinschaftserlebnis verstanden werden.
Die Europäische Kulturhauptstadt gibt es seit 1985. Seit 2009 teilen sich zwei Orte diesen Titel. 2029 wird sich Lublin diesen zusammen mit einer schwedischen Stadt tragen. Deren Name wird erst im Dezember 2024 bekannt gegeben. Nach Kraków (Krakau) und Wrocław (Breslau) wird Lublin die dritte Kulturhauptstadt Europas aus Polen sein.