Anfang September 2022 startet die niederschlesische Metropole Wrocław (Breslau) in den Kulturherbst. Den Auftakt bildet das renommierte Festival Wratislavia Cantans, das sich zu seiner 57. Ausgabe den „Gefährlichen Liebschaften“ widmet. Neben Auftritten des künstlerischen Direktors Giovanni Antonini erwarten Besucher zahlreiche weitere hochkarätige Künstler. Einen Schwerpunkt bildet in diesem Jahr Musik aus der Ukraine.
Das Rahmenthema des Festivals hatte Giovanni Antonini bereits vor Jahren gemeinsam mit Festivaldirektor Andrzej Kosendiak gesetzt. In seinem 1782 veröffentlichen Roman „Gefährliche Liebschaften“ zeichnet Pierre Choderlos de Laclos ein schonungsloses Bild der korrupten adeligen Gesellschaft im Frankreich vor der Revolution. Es geht um Liebe, Macht und Intrigen. Angesichts des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hat das Thema nun eine vollkommen neue Brisanz bekommen.
Das Programm bietet darum der ukrainischen Musik einen eigenen Rahmen. So wird der 1920 gegründete Ukrainische Nationalchor Dumka unter der Leitung von Jewhen Sawtschuk an verschiedenen Orten in Wrocław und der Woiwodschaft Dolnośląskie (Niederschlesien) traditionelle ukrainische Lieder und Kirchengesänge interpretieren. Auch das Abschlusskonzert gehört der Musik aus dem östlichen Nachbarland Polens. Dann können die Besucher die Weltpremiere des Oratoriums „Wyrij“ (altslawische Paradieslande) von Oleksandr Schymko erleben. Das Monumentalwerk für rund 150 Stimmen verbindet christliche und heidnische Motive. Beteiligt sind neben Dumka das Folklore-Ensemble Bożyci sowie Chor und Orchester des Nationalen Musikforums (NFM) Wrocław.
Festivalbesucher erwartet ein zehntägiges Programm der musikalischen Spitzenklasse. Los geht es am 9. September mit dem Wroclaw Baroque Ensemble und Alessandro Stradellis Oratorium „San Giovanni Battista“ im Breslauer Dom. Giovanni Antonini wird mit seinem Ensemble für historische Aufführung Il Giardino Armonico zwei Konzerte bestreiten. Zunächst steht am 11. September in der Storchensynagoge bei „Il viaggio dei Bassano“ der Weg der Komponistenfamilie Bassano von Italien nach England auf dem Programm. Am 17. September folgt Emilio de’ Cavalieris geistliche Oper „Das Spiel von Seele und Körper“.
Am 12. September wird im Großen Saal des NFM der legendäre Sir John Elliot Gardiner mit dem Orchestre Révolutionaire et Romantique Ludwig van Beethovens „Missa Solemnis“ spielen. Am 13. September erwartet die Besucher eine Weltpremiere: Paweł Łukaszewskis vierte Symphonie „Hymny Banganarti“ ist vom gleichnamigen sudanesischen Dorf inspiriert, in dessen Umgebung ein polnisches Archäologenteam 2001 die Überreste alter Kirchen aus dem 7. bis 11. Jahrhundert fand. Aufführende sind das Orchester und der Chor des Hauses.
Konzerte finden nicht nur in den schönsten Sälen von Wrocław statt, sondern auch in anderen Orten der Umgebung, so in der Keramikstadt Bolesławiec (Bunzlau) und dem Kurort Szczawno-Zdrój (Bad Salzbrunn). Tickets und weitere Infos unter www.wratislaviacantans.pl.