Marrakesch, allein der Name klingt nach orientalischer Exotik, bunten Märkten und duftenden Gewürzen. Es ist Anfang März, wir lassen das nasskalte Wetter in Hamburg hinter uns und sind gespannt auf das, was vor uns liegt.
Die Anreise ist einfach und unspektakulär: Nach insgesamt knapp fünf Stunden Flugzeit und einem kurzen Zwischenstopp in Madrid landen wir mit einem Airbus 320 von Iberia Express auf dem internationalen Flughafen Marrakesch-Menara. Auch die Einreiseformalitäten sind schnell erledigt: knappe Fragen zu unseren Berufen sowie dem Hotel vor Ort, Bordkarte noch einmal vorgezeigt und schon saust der Stempel in unsere Pässe.
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Mehr InformationenVorsorglich hatten wir über die gebuchte Unterkunft einen Fahrer bestellt, der uns in fünfzehn Minuten vom Flughafen bis vor die Tore der Altstadt, der „Medina“, bringt. Flink werden unsere Koffer umgeladen und von einem der zahlreichen Gepäckträger mit einem Schubkarren kreuz und quer durch die engen, verwinkelten Gassen manövriert. Wir traben brav hinterher, versuchen den Mann vor uns im Blick zu behalten und gleichzeitig dem bunten Treiben um uns herum zuzuschauen. Auf dem weitläufigen Hauptplatz, dem „Djemaa el-Fna“, buhlen um die Mittagszeit bereits die ersten Schlangenbeschwörer unter lautstarkem Einsatz ihrer Vuvuzela-gleichen Tröten um Kundschaft. Mopeds knattern im Slalom um die Fußgänger. Unser „Riad“ (arabisch für Garten) liegt ganz versteckt und unscheinbar am Ende einer winzigen Sackgasse. Wir klopfen an der dicken, messingbeschlagenen Holztür. Die wenigen Zimmer dieser für Marrakesch typischen Touristenherberge liegen rings um einen kleinen liebevoll mit einer Handvoll Orangenbäume bepflanzten Innenhof. Eine herrliche Dachterrasse mit Liegen und Loungemöbeln lädt zum Relaxen ein.
Auf dem „Platz der Gehängten“: Schlangenbeschwörer, Garküchen und allerlei Krimskrams
Genauso ist es: Kurz vor Sonnenuntergang haben selbst auf dem Djemaa el-Fna die meisten Händler und Gaukler ihre Siebensachen zusammengepackt, eilen fix mal zwischendurch nach Hause oder zu Freunden zum ersehnten Fastenbrechen. Zu später Stunde füllt sich der Platz allerdings um so mehr und der Trubel geht jetzt erst richtig los.
Der Djemaa el-Fna, der „Platz der Gehängten“, befindet sich seit 2008 auf der UNESCO Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit. Vor hunderten von Jahren noch als Hinrichtungsstätte der Sultane genutzt, ist er heute ein Touristenmagnet. Dieser riesige, dreieckige Marktplatz ist nicht nur Bühne für Musiker, Gaukler und die bereits erwähnten Schlangenbeschwörer, sondern es gibt auch unzählige Souvenirstände mit allerlei Krimskrams, Garküchen, Obststände mit frisch gepressten Säften und verschleierte Frauen, die Henna Tattoos anbieten. Früher vielleicht ein Ort des kulturellen Austausches ist er aber heutzutage meines Erachtens nach nicht viel mehr als ein weltweit übliches, schnödes Touristengeschäft. Leid tun mir die zur Schau gestellten Berberaffen, einer sogar in ein kleines, gelbes Fußball Trikot gezwängt, und die Schlangen- wütend machen mich Touristen, die sich auch noch mit den Tieren auf dem Arm oder um den Hals fotografieren lassen. Trotzdem, ein Bummel über den Djemaa el-Fna gehört zu einem Marrakesch Besuch einfach dazu.
Der laute Ruf des Muezzin hat uns früh geweckt, er beendet das nächtliche Fastenbrechen. Doch während die meisten Marrakchis vielleicht noch schnell ihren letzten Bissen runterschlingen oder sich bereits für das Morgengebet vorbereiten, drehen wir uns noch mal gemütlich um.
Nach einem ausgiebigen Frühstück mit Ausblick über die Dächer der Stadt schlendern wir durch die südliche Medina. Es ist ein einziges Geschiebe und ständiges Gehupe: Eselskarren, Fahrräder, Motorroller und mitunter sogar kleine Baumaschinen drängeln sich durch den Touristenstrom. Unser erstes Ziel: das jüdische Viertel „Mellah“, das sich als ziemlich unspektakulär, fast ein wenig heruntergekommen entpuppt. Interessant der jüdische Friedhof, den wir in dieser Größe nicht erwartet haben. Auf dem örtlichen Gewürzmarkt, der uns nicht ganz so touristisch vorkommt, kaufen wir als erstes Souvenir unserer Reise ein Tütchen „Ras el Hanout“, eine Art Küchen-Allrounder unter den marokkanischen Gewürzmischungen.
Shoppen im Trubel der Souks
Das Stehenbleiben wird in den Souks jedoch zu einer kleinen Herausforderung: Man findet kaum eine ruhige Ecke, ohne dass man entweder von anderen Touristen weitergeschoben wird oder blitzschnell vor einem hupend heranbrausenden Moped einen Schritt zur Seite springen muss.
In den schmalen Seitengassen ist es dann ein bisschen ruhiger, Durchatmen ist angesagt. Faszinierend für mich die vielen liebevoll hergerichteten und schmucken Hinterhöfe, die ich hinter den unscheinbaren, ja teilweise ziemlich maroden Mauern nicht erwartet hätte.
Der Ramadan scheint im touristischen Marrakesch übrigens kaum Einfluss auf das geschäftige Treiben zu haben. Nahezu alle Geschäfte und Restaurants haben geöffnet, sind außerdem auch gut besucht. Niemand scheint sich überdies daran zu stören, dass die meist europäischen Besucher der Stadt tagsüber in der Öffentlichkeit essen und trinken.
Eine Oase der Ruhe: der Jardin Majorelle
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Auf der Fahrt mit dem Minibus machen wir erneut den wohl obligatorischen Zwischenstopp bei einer Arganöl Kooperativen, und diesmal, ganz interessant, auch einem Berberhaus. Entlang der Straße stehen an einigen Stellen ein paar müde, angepflockte Dromedare, auf dessen Rücken sich Touristen fotografieren lassen können. Zum Glück nimmt dies niemand aus unserer Reisegruppe in Anspruch. Das Touristengeschäft ist eine wichtige Einnahmequelle Marokkos, aber ich finde, man sollte zumindest diejenigen aus dem Spiel lassen, die nicht selbst entscheiden können und auch nicht mitverdienen.
Mein Fazit nach einer Woche Marrakesch? Die Stadt mit dem für mich so verheißungsvollen Namen stand schon seit langem auf meiner „Bucket List“, und ich bin froh, dort gewesen zu sein und sie nun streichen zu können. Wir haben interessante Eindrücke gewonnen, uns ins Getümmel der Medina gestürzt, sind über den bunten und lauten Djemaa el-Fna gebummelt und haben auf dem Dach unseres idyllischen Riads gechillt, dabei dem Ruf des Muezzin gelauscht.
Marrakesch ist durchaus eine Reise wert- allerdings sollte man sich klar darüber sein, worauf man sich einlässt: Ein beliebtes Touristenziel, das mich das eine oder andere Mal doch ein wenig gestresst und überfordert hat.
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