Hongkongs neuestes Kunst- und Kulturviertel West Kowloon hat in den letzten Jahren einen postmodernen Anstrich erhalten. Bei all dem Glanz und Glamour bleibt es aber eines der ältesten Viertel der Stadt. Mit Bauten, die bis in die 1800er-Jahre zurückreichen, ist die Architektur überraschend geschichtsträchtig. Die Überreste einer vergangenen Ära sind tief in der Großstadt verwurzelt, die sich um sie herum entwickelt hat.
Kunst und Architektur vereint
Den Beginn macht das Yau Ma Tei Theatre an der Kreuzung von der Waterloo Road zur Reclamation Street. Das um 1930 erbaute Gebäude ist das einzige erhaltene Theater aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg in Kowloon. Das Gebäude, das sich von seinen hohen Nachbarn deutlich abhebt, wurde mit einer Mischung aus klassizistischen und Art déco-Stilmerkmalen gestaltet. Heute gewährt es Besuchern mit regelmäßigen Aufführungen der traditionellen kantonesischen Oper einen Einblick in dieses reiche Kulturerbe.
Unruhiges Treiben inmitten von fruchtigen Köstlichkeiten
Der weitläufige Yau Ma Tei Fruit Market, den Hongkongern besser bekannt als Gwo Laan ist seit seiner Errichtung im Jahr 1913 von historischer Bedeutung und ein fester Bestandteil des lokalen Lebens. Nachdem in den 1960er-Jahren weitere Märkte eröffneten, haben sich die Händler des Gwo Laan auf den Verkauf von Obst konzentriert. Die ein- und zweistöckigen Ziegel- und Steingebäude wurden im Stil des Art déco erbaut und seine architektonischen Merkmale entsprechen dem typischen Baustil der 1950er und 1960er-Jahre. Eine ziemliche Seltenheit in Hongkong heutzutage. Das Besondere: An den Häusern sind Unternehmensschilder zu entdecken, die teilweise genauso alt sind wie die Gemäuer selbst.
Das rote Backsteingebäude
Feuerrot sticht das 1895 errichtete Red Brick Building empor. Die ehemalige Pumpstation ist eines der ältesten Bauwerke Hongkongs und diente als Quartier für Aufseher und als Serviceeinrichtung. Nachdem das Pumpsystem 1911 außer Betrieb ging, kam es zu mehreren Umbauarbeiten im Inneren des Backsteinhauses. Schließlich wurde es in ein Büro für das Yau Ma Tei Theatre auf der gegenüberliegenden Seite umgewandelt. Abgesehen von der erkennbaren roten Backsteinfassade sind auch die ansprechenden architektonischen Elemente wie die gusseisernen Trichterköpfe und Regenwasserrohre sowie die gewölbten Veranden absolut sehenswert.
Die innere Mitte finden
Mitten im regen Treiben der Shanghai Street findet sich ein Stückchen Ruhe im Tin Hau Temple, Yaumatei. Der 1865 im Stil der Qing-Dynastie erbaute Tempel besteht aus fünf nebeneinanderliegenden Gebäuden und diente bis 1955 sowohl als Gebetsstätte als auch als freie Schule. Im Inneren entdeckt man historische Shiwan-Keramikfiguren und die Neun-Drachen-Wand. Sie ist mit dekorativen Reliefs chinesischer Drachen bedeckt und typisch für kaiserliche chinesische Paläste und Gärten.
Bekannt aus Film und Fernsehen
Weiter geht der Rundgang zum neoklassizistischen Gebäude, der Yau Ma Tei Police Station. Bei der Planung spielte Feng-Shui eine entscheidende Rolle, um gute Energie in das Haus zu leiten. Dazu ist der Eingangsbereich in einem Portikus, also einen halbrunden Eingang mit Säulengang, eingebettet, welcher in einer eingerückten Ecke des Komplexes liegt. Fans von Jackie Chan kennen das Gebäude vielleicht noch aus dem Film Rush Hour 2! Die Polizeistation selbst ist seit Mitte 2016 geschlossen. Ein kleines Meldezentrum ist aber noch für die Öffentlichkeit zugänglich.
Einst das Haus der Kaufleute
Es gibt nur noch wenige Häuser in Hongkong, die eine überdachte Terrasse im Erdgeschoss im Stil alter Geschäftshäuser haben – das in der Shanghai Street 176-178 ist eines davon. Es ist als „tong lau“ bekannt, was wörtlich übersetzt „chinesisches Gebäude“ bedeutet und wurde früher hauptsächlich von chinesischen Kaufleuten bewohnt. Dieser Häusertyp ist bis zum Jahr 1960 regelmäßig gebaut worden, danach aber aus dem Stadtbild verschwunden, um mehr Wohnfläche in Hongkong zu schaffen
Verbindung aus Ost und West
Die 1930 von der Londoner Missionsgesellschaft errichtete Kowloon Union Church ist eine der frühesten interkonfessionellen Kirchen in Hongkong. Wie andere architektonische Sehenswürdigkeiten der Stadt weist auch dieses Gebäude in seiner Gestaltung eine Mischung aus Ost und West auf. Es wurde aus rotem Backstein und Granit im gotischen Stil erbaut, enthält aber auch asiatische Elemente wie das chinesische Ziegeldach. Die Buntglasfenster über dem Hauptaltar wurden von der Form der acht Bagua-Trigramme inspiriert, die im Taoismus verbreitet sind. Ein seltenes Merkmal sind zudem die doppelten Dachstühle aus Hammerbalken.
Moderne Architektur trifft Kunst
Die Hongkong West Kowloon Station ist ein perfekter Mix aus unterschiedlichen architektonischen Elementen. Die kolossale Struktur mit ihrer stromlinienförmigen Silhouette wurde aus 8.000 Tonnen Stahl und über 4.000 Glaspaneelen gebaut, die für eine natürliche Beleuchtung des Bahnhofkomplexes sorgen. Die harmonischen und geschwungenen Linien des Sky Corridors und des Sightseeing Decks auf dem Dach spiegeln die Wellen des Ozeans wider. In den Hallen befindet sich zudem Kunst von renommierten asiatischen Künstlern und das Dach selbst dient als Treffpunkt und Garten für die Bewohner Hongkongs.
Ganz dem Theater verschrieben
Das Xiqu Centre ist ein neues Zentrum für darstellende Kunst in Hongkong. Es beherbergt zwei Bühnen für kantonesische Oper und traditionelles chinesisches Theater. Es erinnert durch seine kurvige Aluminiumfassade an einen sich öffnenden Theatervorhang und lockt potenzielle Besucher in das Innere. Das Theater selbst befindet sich in 27 Metern Höhe, damit keine störenden Geräusche von außen hereinkommen.
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