Hongkong ist bekannt für seine würzige Küche – die einen kommen, um die raffinierte Speise Dim-Sum zu verkosten, die anderen werden von den typischen Nudelrestaurants angelockt. So vielfältig Hongkongs Gastronomie ist – eine Facette der Gourmet-Stadt wird jedoch oft unterschätzt: die einfache Straßenküche mit schnellen Gerichten auf die Hand. Doch genau diese an jeder Straßenecke servierten Köstlichkeiten führen zu den interessantesten Geschmacksexplosionen und sind garantiert alles andere als gewöhnlich – zumindest für unsere westlichen Gaumen. Nicht umsonst ist der Michelin-Führer Hongkongs voll mit Empfehlungen, die überall in der Stadt auf hungrige Passanten warten– von “Stinky tofu” über Fischbällchen bin hin zu „Bubble Waffles”. Beim nächsten Hongkong Besuch lohnt es sich daher, das klimatisierte Restaurant gegen einen Spaziergang durch die Stadt zu tauschen – denn wer hätte gedacht, dass in den Gassen Hongkongs ein 3-Gänge-Menü auf die Hand zu einer neuartigen Gaumenfreude werden kann?
„Stinky tofu“ – Probieren geht über Riechen
Auch wenn der Geruch etwas anderes vermuten lässt, so gibt es keinen besseren Appetitanreger als „Stinky tofu“. Bei diesem Street-Food handelt es sich um Tofu, welcher in eine Gemüse-Fleisch-Brühe eingelegt und anschließend frittiert wird. Am Ende werden die Spieße mit Chili und Sojasauce bepinselt – nicht nur, um den Geruch zu überdecken, sondern um dem Gericht eine scharfe Würze zu verpassen. Aber Achtung, probiert wird das einfache Straßenessen besser erst beim zweiten oder dritten Date!
Heiße Maroni – heiße Liebe?
Steigt einem der Geruch des „Stinky tofu“ doch etwas zu sehr in die Nase, bleibt alternativ als Vorspeise ein Klassiker, der auch bei uns in Deutschland bekannt ist: geröstete Kastanien. In Hongkong werden diese in einem riesigen Wok zusammen mit Holzkohle am Straßenrand gegart. Der Gast bekommt sie kochend heiß und in eine kleine Tüte geschaufelt auf die Hand. Die kleinen Karren, die die Kastanien verkaufen, haben in der Regel keinen festen Standort oder feste Öffnungszeiten – hier greift das Sprichwort „immer der Nase nach“ ganz gut, denn man muss kein Spürhund sein, um das würzige, rauchige Aroma zu erkennen, wenn einer der Karren in der Nähe ist.
„Sugar cane juice“ – Zuckerrohrsaft als Aperitif
Wer als Vorspeise eher auf flüssigen Genuss zurückgreifen möchte, sollte Ausschau nach einem Stand mit einem großen Eimer voller Zuckerstangen und einer langen Schlange durstiger Menschen davor halten. Die meisten Streetfood-Stände in Hongkong bieten zwar auch Getränke an, aber im Gegensatz zu Cola und Co. ist die Herstellung dieses Getränkes allein schon eine Schau. Die Rede ist von Zuckerrohrsaft. Der erfrischende und extrem süße Saft wird meist an Ort und Stelle durch Auspressen des gedämpften Zuckerrohrs mit einer speziellen Presse hergestellt. Unter den zahlreichen Angeboten ist ein Becher des flüssigen Zuckers nicht nur die geschmackvollste, sondern gleichzeitig auch die exotischste.
„Siu mai“ und Curry fish balls – Fleisch und Fisch vereint
Neben exotischen Vorspeisen darf natürlich der Hauptgang nicht fehlen. „Siu mai“ (Teigtaschen) sind ein Eckpfeiler der Dim Sum-Küche, während Fischbällchen häufig in Nudelrestaurants zu finden sind. Aufgrund ihrer Beliebtheit haben diese beiden Spezialitäten jedoch auch ihren Weg auf die Speisekarten vieler Straßenstände gefunden. „Siu mai“ unterscheiden sich von ihren Pendants im Restaurant dadurch, dass sie aus einer Schweinefleisch-Fisch-Mischung (im Gegensatz zu Garnelen und Garnelenrogen) bestehen, die in eine gelbe, mehlhaltige Hülle eingewickelt und normalerweise mit Sojasauce und Chili-Öl gegessen wird. Bei den Fish Balls hingegen wird das Fischfleisch so lange klein gehackt, bis es elastisch ist und zu Bällchen geformt werden kann. Sowohl Fischbällchen als auch „Siu Mai“ werden üblicherweise in Portionen von fünf bis zehn Stück verkauft – schön mundgerecht, um beim Schlendern durch Hongkongs Straßen nicht nur kulturelle Eindrücke zu gewinnen, sondern auch seine kulinarischen Sinne zu schärfen.
„Cheung Fun“ – Straßenstand toppt Restaurant
Die Reisnudelrollen sind insbesondere aus den Teehäusern und Dim-Sum-Restaurants bekannt. Sie werden aus Reismehl, gemischt mit Tapiokamehl und Wasser, hergestellt. Diese Mischung wird anschließend in einen flachen, rechteckigen Dampfgarer gegossen, der mit einem atmungsaktiven Stoff ausgekleidet ist. Nach dem Dämpfen formt sich die Mischung zu einem federnden, nudelartigen Blatt, das dann zu langen Rollen gefaltet, geschnitten und mit süßer Sojasauce serviert wird. „Cheung Fun“ wird in Restaurants und an Straßenständen zwar auf ähnliche Weise serviert, jedoch ist die Straßenversion weniger seidig und bietet eine geringere Auswahl an Füllungen. Warum sich das Geschmackserlebnis dennoch lohnt? Der niedrige Preis und die sättigende Wirkung – insbesondere bei gebratenem Schweinefleisch und Garnelen als Topping – machen das Street-Food unschlagbar. Die Geheimzutat der Imbissbuden-Variante ist die Sauce: Erdnuss- oder Chilisauce zaubern aus dem Hauptgang eine herzhafte Mahlzeit und stehen damit hoch im Kurs bei den hungrigen Hongkonger Gästen.
“Three stuffed treasures” – Frittierte Schätze
Neben moderneren Streetfood-Innovationen stehen auf den meisten Speisekarten der Straßenstände Hongkongs auch eine ganze Reihe von frittierten Gerichten. Am häufigsten zu sehen ist das, was die Hongkonger als „drei Schätze“ kennen. Auberginen-, Tofu- und Paprikastücke werden mit Fischpaste gefüllt und dann frittiert. Diese drei Gerichte, die in der Regel mit Sojasauce gegessen werden, vereinen die Herzhaftigkeit der Fischpaste mit dem natürlichen Geschmack der verschiedenen Umhüllungen. Die Schatzsuche lohnt sich, denn dieses Hauptgericht entpuppt sich als wahrliche Gaumenfreude.
„Bubble Waffles“ – Der weltweite Hype
Was bei einem 3-Gänge-Menü nicht fehlen darf? Natürlich das Dessert! Die in einem eiförmigen Waffeleisen gebackenen „Bubble“ oder „Egg Waffles“ sind tatsächlich in Hong Kong entstanden und werden dort traditionell pur gegessen – so einfach kann Genuss sein. Wie vor ihnen bereits der Bubble Tea, haben sich die „Bubble Waffels“ in den letzten Jahren zu einem regelrechten Hype entwickelt – und das weltweit – und so gibt es mittlerweile einige ungewöhnliche Geschmacksrichtungen wie beispielsweise gesalzenes Eigelb oder sogar grüner Tee. Beliebt sind die Waffeln auch in Kombination mit cremigem Softeis – aber Vorsicht, das Street-Food-Dessert wird dadurch nicht nur zu einem noch größeren Geschmackserlebnis, auch die Kalorien klettern nach oben!
Egg Tarts – das gelbe vom Ei
Auch wenn der Name ähnlich klingt, so unterscheidet sich die „Egg Tart“, der angebliche Lieblingssnacks von Chris Patten, dem letzten britischen Gouverneur von Hongkong, grundlegend von der bereits genannten „Egg“ oder „Bubble Waffle“. Sie besteht nämlich aus einer cremigen gelben Puddingfüllung, die entweder in einer Keks- oder einer Blätterteigkruste gebacken wird. Beide Krusten harmonieren geschmacklich perfekt mit der klebrigen, süßen Füllung und machen die „Egg Tarts“ so zu einer himmlisch-süßen Verführung, die man sich bei einem Besuch in Hongkong auf keinen Fall entgehen lassen sollte.
„Pineapple Bun“ – garantiert ohne Ananas
Super süß und superlecker sind auch die in Hongkong erfundenen „Pinapple Buns“, kleine süße Milchbrötchen mit einer knusprigen Kruste. Auf kantonesisch „bo lo baau“ genannt, tragen die süßen Teile ihren Namen in erster Linie aufgrund ihres Aussehens, denn beim Backen bekommt die Kruste aus Keksen und Zucker charakteristische Risse, die ein wenig an Ananas erinnert. Wer keine Ananas mag, kann aber beruhigt sein, denn Ananas selbst sind in dem Brötchen keine zu finden. Dafür werden die Kalorienbomben gerne mit allerlei Zugaben gefüllt – meist mit einer dicken Scheibe Butte (für noch mehr Kalorien), manchmal auch mit Quarkcrème, roter Bohnenpaste, Kokosraspeln oder – Schweinefleisch. Fragt sich nur, ob die Brötchen dann noch als Dessert durchgehen oder eher als Hauptgericht.