Früh morgens sieht man sie in Hongkongs Parks: Kleine Grüppchen, die konzentriert beim Tai Chi oder Qigong auf der Suche nach ihrer inneren Balance sind. Vom Rentner, über Student bis hin zum Börsenmakler: die Praktizierenden bereiten sich damit auf den hektischen Großstadtalltag vor. Die Choreographie der anmutigen Bewegungen soll das innere Ying und Yang des Körpers in Balance bringen.
Ähnlich und doch grundverschieden
Tai Chi und Qigong sehen für Laien zunächst sehr ähnlich aus und haben tatsächlich viele Gemeinsamkeiten. Sie basieren beide auf der grundsätzlichen Annahme der Traditionellen Chinesischen Medizin, dass der Energiefluss Qi die Grundlage des Lebens bildet und dass die Gegensätze Yin und Yang im Gleichgewicht zueinander stehen müssen.
Heutzutage werden sowohl Tai Chi als auch Qigong primär zur Entspannung ausgeübt. Dabei dienten die beiden Lehren aber ursprünglich unterschiedlichen Zielen: Während Tai Chi eine Kampfkunst ist, versteht sich Qigong als eine Meditationstechnik bei der mithilfe von Atem- und Konzentrationsübungen der Lebensfluss reguliert wird und so ein gesundheitlicher Nutzen daraus resultiert. Dies kann – muss aber nicht – mit leichten Bewegungen kombiniert werden. Dabei soll das Qi zur Heilung zunächst wieder aktiviert werden, zur gesundheitlichen Prävention wird es optimiert. Erste Belege von Meditation und Energiearbeit zu medizinischen Zwecken führen bis ins dritte Jahrhundert vor Christus zurück.
Aber auch in den taoistischen und buddhistischen Klöstern fand Qigong im religiösen Rahmen Anwendung und wurde so auch schriftlich über Generationen überliefert.
Beim Tai Chi wurde das Qi ursprünglich dafür genutzt, Bewegungsabläufe im Kampf – sowohl für Angriff als auch Verteidigung zu optimieren. Der Begriff Tai Chi lässt sich mit „leere Hand“ übersetzen, da bei dieser Kampfform in der Regel keine Waffen zum Einsatz kamen. Heutzutage dient Tai Chi aber vor allem dazu, Yin und Yang durch eine fließende Bewegungsabfolge, die wesentlich aktiviere Elemente als Qigong enthält, in Einklang zu bringen und so Entspannung Gelassenheit und Achtsamkeit zu fördern.
Tai Chi und Qigong in Hongkong aktiv erleben
Bei vielen Gruppen, die sich morgens in Hongkong zusammenfinden, sind auch Touristen willkommen, wenn sie um Erlaubnis bitten. Da die Kurse in der Regel auf kantonesisch sind, empfiehlt sich eine gewisse Vorkenntnis. Bei manchen Gruppen ist es üblich, dass der Lehrer am Ende der Stunde ein paar Dollar erhält. Beliebte Orte sind zum Beispiel der Tai Chi Garten im Hongkong Park sowie der Kowloon Park. Alternativ gibt es eine Reihe von Schulen und Studios, die öffentliche Tai Chi und Qigong Kurse anbieten