Tauchen mit Delfinen vor Eilat
Auch der Kontakt mit der Tierwelt soll in Israel behutsam erfolgen. Bild: © Dafna Tal/IMOT

Nachhaltige Tourismusprojekte in Israel

Nachhaltiger Tourismus, der ökologisch behutsam, wirtschaftlich nachhaltig und gesellschaftlich integrativ wirkt, hat in Israel bereits seit längerem einen hohen Stellenwert. Für die weitere nachhaltige touristische Entwicklung gibt es zahlreiche ambitionierte Pilot- und Leuchtturmprojekte, wie dem F.A.K.E.-Festival für ethisch-vegane Mode oder dem beduinischen Modellbauernhof Wadi Attir, mit denen Israel dem Interesse seiner Gäste an einem nachhaltigen Reiseziel Rechnung trägt. Außerdem noch vieles mehr wie zu Plastic-free Israel, emissionsfreier Mobilität und den neuen Möglichkeiten, Israel zu Fuß und per Rad zu erkunden.

Das „veganste Land der Welt“ – Tel Aviv als seine Welthauptstadt

In der israelischen Bevölkerung ist der Nachhaltigkeitsgedanke allgemein sehr stark verankert. Das Land ist international Vorreiter in zukunftsweisenden Entwicklungen sowie technologischen und gesellschaftlichen Trends: Viele Startups, die sich mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen, entwickeln Lösungen für ressourcenschonende Landwirtschaft. Auch in puncto Ernährung und Lebensstil geht Israel in vielerlei Hinsicht voran: So gilt es mittlerweile als „das veganste Land der Welt“, denn zwischen fünf und acht Prozent der Bevölkerung ernähren mittlerweile sich ganz ohne tierische Produkte. Dies entspricht mehr als 450.000 Einwohnern. Zudem hat sich die Mittelmeermetropole Tel Aviv mit ihren mehr als 400 veganen Restaurants bereits den Ruf als „Welthauptstadt der Veganer“ erworben. Tel Aviv ist zudem die erste Stadt in Israel, die ein veganes und ethisches Mode-Pop-up-Event veranstaltet, das mit ähnlichen Veranstaltungen in Paris und Los Angeles korrespondiert: Das F.A.K.E-Festival steht für Fashion for Animal Kingdom and Environment und ist eine Modebewegung, die tierversuchsfreie und ethische Mode vertritt.
Gemüsestand Carmel Market Tel Aviv
Gemüsestand auf dem Carmel Market in Tel Aviv. Bild: © Dana Friedlander/IMOT

Wadi Attir: Beduinenprojekt für Wissenserhalt und Technologietransfer

Der Modellbauernhof Wadi Attir in der Wüste Negev wirkt in zwei Richtungen: Er bewahrt das Wissen der Beduinenbevölkerung und lässt diese gleichzeitig an modernem Know-how teilhaben – ein Technologietransfer in beide Richtungen. Das Projekt wurde von der Initiative The Sustainability Laboratory oder kurz: The Lab in Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat von Hura initiiert, einem beduinischen Dorf im Südbezirk Israels, 15 Kilometer nordöstlich von Be’er Scheva. Der nachhaltige Landwirtschaftsbetrieb vertritt einen ganzheitlichen Ansatz, der die örtliche Gemeinschaft mit ihrem Wissens- und Erfahrungsschatz, die natürlichen Rahmenbedingungen und heutiges Wissen in vielen Disziplinen einbezieht. Insofern hat es Modellcharakter für andere Trockengebiete auf der ganzen Welt. Das Projekt wurde von Dr. Michael Ben-Eli, dem Gründer von The Sustainability Laboratory, entwickelt.

Ökologisch relevant ist der Bereich der Heilkräuter, die auf Grundlage tradierten Beduinenwissens systematisch zur kommerziellen Herstellung von Medizin, aber auch Kosmetikproduktion angebaut werden. Ein weiterer Bereich ist dem Anbau endemischer Gemüsesorten gewidmet, die seit jeher an Klima und Bodenbeschaffenheit angepasst sind. Traditionelle Nutztierhaltung und die Erzeugung von Milchprodukten sind eine weitere Säule des Betriebs. Neben Tradiertem kommen hier innovative Technologien zum Einsatz wie Mikro-Berieselungssysteme zur Bewässerung, Energiegewinnung aus Sonne und Biogas sowie „grünes“ Bauen.

Auch in sozioökonomischer und gesellschaftlicher Hinsicht ist Wadi Attir interessant: Der Betrieb schafft wertvolle und sinnstiftende Arbeitsplätze in einer Region, die wenige Optionen zu bieten hat. Die Mitarbeiter repräsentieren alle Bereiche der israelischen Gesellschaft: Beduinen und Städter, Arbeiter und Akademiker, Kenner des Alten und des Neuen – sie alle arbeiten an einer Vision. Zudem kooperieren hier zehn verschiedene Beduinenstämme miteinander. Unter den Gründern finden sich Frauen, die innerhalb der Initiative Führungspositionen bekleiden wie Lina Alatawna als CEO von Wadi Attir. Dies ist in Israel als einem Land der starken Frauen ohnehin keine Seltenheit.

Dieselfrei und elektrifiziert in der Stadt – Pilot- und Leuchtturmprojekte

Die Hafenstadt Haifa im Norden des Landes machte 2018 als erste israelische Stadt den Anfang in Richtung Clean Air City und Niedrigemissionszone (low emission zone, LEZ), um die örtliche Luftverschmutzung nachhaltig zu reduzieren. Mit Jerusalem und Tel Aviv zogen 2020 zwei weitere Metropolen nach. In der Mittelmeermetropole Tel Aviv soll bereits in wenigen Monaten das Diesel-Fahrverbot für Euro-4-Fahrzeuge, ausgenommen Privatfahrzeuge, im gesamten Stadtgebiet durchgesetzt werden. Zusätzlich werden in einem zweiten Schritt ausgewählte Bezirke nur noch für Fahrzeuge der Euro-6-Norm zugelassen sein. In Jerusalem wurde die erste Phase des Projekts Clean Air City im Februar 2020 eingeleitet, die zweite Phase startete im September 2020.

Bauarbeiten für Elektrostraßen für e-Busse in Tel Aviv
Stromkabelverlegung für e-Busse-Elektrostraßen in Tel Aviv. Bild: (c) Tel Aviv-Yafo Municipality

Einzigartig in Israel ist das Pilotprojekt zu Elektrostraßen, dass Tel Aviv in Zusammenarbeit mit ElectReon und dem Busunternehmen Dan Bus Company ins Leben gerufen hat. Das israelische Startup ElectReon legt Elektrostraßen an, die ein induktives Aufladen von e-Bussen während der Fahrt ermöglichen – Ladestopps und Oberleitungen sind somit überflüssig. Das Unternehmen kooperiert bereits in Deutschland mit dem Energiekonzern EnBW in Karlsruhe. Der Pilot, der erste seiner Art in Israel, wird auf der viel befahrenen Strecke zwischen dem Bahnhof der Universität Tel Aviv und dem Klatzkin-Terminal in Ramat Aviv auf einer zwei Kilometer langen Strecke mit 600 Metern elektrischer Straße durchgeführt.

Israel zu Fuß und per Rad – zukunftsweisende Infrastruktur

In Tel Aviv schlagen sich ökologische und gesellschaftliche Nachhaltigkeit auch in der Stadtplanung nieder: Im Zuge des Strategieplans Tel Aviv-Yafo 2030 hat die Umwandlung von bestehenden Bürogebäuden zu Hotels Vorrang vor dem Neubau. Zudem baut die Stadt ihr Radwegenetz aus und erweitert die entsprechende Infrastruktur bis zum Jahr 2025 um mehr als das Doppelte. Dann stehen Radlern statt wie bisher 140 Kilometer Wegenetz nunmehr 300 Kilometer zur Verfügung. Darüber hinaus soll sich der Anteil an Radwegen innerhalb der Stadt in den nächsten fünf Jahren von elf auf 20 Prozent erhöhen. Der Durchschnitt in Israel liegt derzeit bei etwa drei Prozent. Außerdem wird die Stadtverwaltung elf neue Fußgängerzonen einrichten. Die Maßnahmen sollen vor allem Fußgängern und Radfahrern Priorität einräumen und eine Verschmutzung der Luft durch Abgase verringern. Von der emissionsarmen Mobilität profitieren sowohl die Einheimischen als auch die Besucher aus aller Welt.

Mountainbiker im Timna Park
Mountainbiker im Timna Park. Bild: © Dafna Tal/IMOT

Wer das Heilige Land über Tel Aviv hinaus mit dem Rad erkunden will, findet im Israel Bike Trail die ultimative Route. Der Mountainbike-Trail wurde konzipiert, um den durchschnittlichen Fähigkeiten von MTB-Radfahrern zu entsprechen. Das Besondere: Bikepacker können tagelang fahren, ohne auf die Zivilisation zu stoßen, obwohl sie stets nur ein paar Kilometer entfernt ist. Der Weg führt durch abgelegene Wüstenlandschaften und ist andererseits als gut gepflegter Trail eine sichere Route durch die archaische Wüstenlandschaft der Negev.

Wanderbegeisterten steht dank der Website Israel By Foot ein Programm von selbst geführten Wanderungen zur Verfügung, die das Land von Nord nach Süd abdecken. Die Wanderungen sind für einen halben bis einen ganzen Tag mit Entfernungen von fünf bis 15 Kilometern ausgelegt. Für jede Route stehen hochwertige Wanderkarten mit farbig markierten Wegen, GPS-Dateien für mobile Apps, detaillierte Wegbeschreibungen und Google Maps-Links zum Ausgangspunkt zur Verfügung. Nutzer werden außerdem auf besonders schöne Picknickplätze und Flanierrouten hingewiesen.

Zudem bietet Israel by Foot auch ein Programm von selbst geführten Roadtrips an. Die Roadtrips sind perfekt für Halbtages- bis hin zu Zweitagesausflügen. Alle Reiserouten kombinieren den Roadtrip mit Besuchen einzigartiger natürlicher, historischer und archäologischer Sehenswürdigkeiten und interessanten kurzen Wanderungen.

Plastic-free Israel – weg von Wegwerfverpackungen

Umweltbewusst zeigen sich Tel Aviv, Haifa und Jerusalem auch mit dem Projekt Plastic Free Israel, einer Initiative, die sich für die Reduzierung von Einwegverpackungen einsetzt und regelmäßige Müllsammelaktionen ins Leben ruft. So wurden bereits Ende Augst 2020 am Strand von Hapirza nahe Tel Aviv 360 Kilogramm Müll von freiwilligen Helfern aufgesammelt. Bereits 2019 förderte Tel Aviv mit dem Verbot von Einwegplastik in Kindergärten und Nachmittagsbetreuungen die Nachhaltigkeit in städtischen Bildungseinrichtungen. Der Gemeinde wurde individuelle Lunchpakete mit wiederverwertbarem Besteck, Mehrzweckbehälter für Mittagessen und Geschirrspüler zur Verfügung gestellt. Auch der Badeort Eilat am Roten Meer sprach sich 2019 für ein Verbot von Einwegverpackungen an Stränden aus, ganz gleich, ob aus Plastik, Aluminium, Pappe oder Papier, um die Natur langfristig zu schützen und zu bewahren. Das wachsende Bewusstsein Israels für die natürlichen Ressourcen des Landes sorgt somit dafür, dass Reisende künftig noch sauberere Städte und Strände vorfinden werden. (www.plasticfreeisrael.com/).

Zur Weiterentwicklung von Eilat in dieser Richtung wurde Anfang September 2021 ein Strategiepaper vorgestellt. Perspektivisch langfristig strebt man hier einen ökologisch und gesellschaftlich nachhaltigen Wüstentourismus als Erweiterung des touristischen Angebots im Fokus.

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