„Hast du schon gegessen?“ – die gängige Begrüßungsfloskel auf den Philippinen lässt bereits erahnen, welchen Stellenwert Essen auf dem südostasiatischen Archipel genießt. Aufgrund der jahrhundertelangen Kolonialzeit vereinigt die philippinische Küche von Nord nach Süd ein multikulturelles Potpourri aus verschiedenen Einflüssen von spanisch über japanisch und amerikanisch, und lebt von unzähligen Geschmäckern und Zutaten. Während einige Gerichte den westlichen ähneln, stellen so manch andere wahres Neuland auf dem Teller dar – und sind Experimentierschätze für wagemutige Feinschmecker.
Sisig: Köstlicher Resteverwerter und immaterielles Kulturerbe
Nicht nur ein wahrer „Resteverwerter“ unter den philippinischen Gerichten, sondern auch seit 2017 immaterielles Kulturerbe ist Sisig. Diese aus der Stadt Angeles in der Region Pampanga stammende Grundmahlzeit wird aus Schweinefleisch zubereitet und mit der Zitrusfrucht Calamansi, Zwiebeln und Chilischoten gewürzt. Das Wort „Sisig“ wurde zum ersten Mal 1732 von einem Augustinermönch aufgezeichnet und definierte zunächst einen Salat mit grüner Papaya oder Guave. Heutzutage besteht die geläufigste Variante aus kleingehacktem Fleisch, gebratenem Reis und Ei. Den Erzählungen nach rührt die Verwendung von Schweinskopf im Gericht daher, dass diese einst von der Clark Air Base in Angeles erworben werden konnten, da sie nicht für die Mahlzeiten des dort stationierten U.S. Air Force-Personals verwendet wurden. Somit wurde Sisig „Resteverwerter“ und hat die Welt im Sturm erobert: Sisig ist rund um den Kontinent eine beliebte Mahlzeit. Die moderne philippinische Küche ersetzt die Hauptzutat mittlerweile häufig durch Huhn, Tintenfisch oder Tofu.
Pancit: Vom einfachen Nudelgericht zum beliebten Nationalessen
Ein einfaches Nudelgericht hat sich über die Jahrhunderte zu einem Nationalgericht der philippinischen Küche gemausert: Pancit. Bereits im siebten Jahrhundert nach Christus, als die Philippinen und China enge Handelsbeziehungen pflegten, kamen Nudel- und Reisgerichte auf den Archipel und prägten nachhaltig die heimische Küche. Der Name „Pancit“ stammt aus dem Chinesischen und heißt so viel wie „etwas, das bequem gekocht wurde“ – in der Tat, werden die Zutaten doch nur kurz zusammen angebraten und gewürzt. Aufgrund der schnellen und einfachen Zubereitung wird das Gericht gerne auf Geburtstagen und anderen Feiern aufgetischt. Verfeinert wird Pancit mit lokalen Fleisch-, Fisch-, Meeresfrüchte- und Gemüsesorten. Unterschieden wird jedoch zwischen Pancit Canton und Pancit Bihon – während Ersteres mit durchsichtigen Reisnudeln gekocht wird, setzt sich Zweiteres aus dickeren Eiernudeln zusammen. Das Gericht wird meist in chinesischen Nudelrestaurants, den „Panciterias“, serviert, die sich im 19. Jahrhundert auf den Philippinen etabliert haben.
Camaro: Experimentierfreudige Spezialität für wagemutige Urlauber
Was wäre die bunte Inselwelt der Philippinen ohne ausgefallene, exotische Gerichte? Eines davon ist ohne Zweifel Camaro – Maulwurfsgrillen in Sojasauce. Für die Einheimischen der Provinz Pampanga ein beliebter Proteinlieferant vom Reisfeld nebenan, für abenteuerlustige Urlauber ein wagemutiges Experiment, haben die knusprig gegrillten Insekten die Konsistenz von Garnelen und einen ähnlichen Geschmack wie Leber. Für eine komplette Mahlzeit werden die Heuschrecken im Restaurant noch mit Knoblauch, Zwiebeln, Tomaten und Essig angereichert.
Halo-halo: Das süß-bunte kulinarische Kolonialerbe
Der Name sagt bereits alles: Halo-halo heißt übersetzt so viel wie „Mischmasch“ oder „Mix“ und gilt von der Hauptstadt Manila im Norden bis zur südlichen Inselgruppe Mindanao als beliebtes Dessert der Filipinos. So viele Farben wie die klebrige Süßspeise enthält, so viele Zubereitungsarten gibt es. Die Grundzutaten bestehen jedoch auch Wassereis, Kondensmilch, Kochbananen, Mungobohnen und Kokosstreifen – je nach Region verfeinert mit weiteren Zutaten wie Jackfrucht, Süßkartoffeln oder Mais. Was zunächst nach einer ungewöhnlichen Kombination klingt, lässt sich leicht erklären: Das vorherige Kochen verleiht den Zutaten eine besondere Konsistenz und vor allem eine natürliche Süße. Das violette Ube-Eis aus heimischen Yamswurzeln verleiht der modernen Variante des philippinischen Desserts einen markanten Farbklecks. Halo-halo ist kulturelles Erbe der langjährigen Besetzungsphase auf den Philippinen – so liegen die Wurzeln des Dessertklassikers in Japan, von wo aus das als „Mong-Ya“ bekannte Dessert während des Zweiten Weltkrieges auf die Philippinen gebracht wurde. Amerikanische Soldaten führten bereits in den 1920er-Jahren Eis auf den Philippinen ein, die Spanier Jahrzehnte zuvor die Karamellcreme „Leche Flan“ – und die philippinische Variante Halo-halo war geboren.
Kakanin: Ein Kuchen in tausend Variationen
„Kakanin“ leitet sich von den beiden Tagalog-Wörtern „kain“ (essen) und „kanin“ (Reis) ab und bietet bereits einen Vorgeschmack darauf, was Schleckermäuler hinter dem variantenreichen Dessertklassiker erwarten können. Die süßen, mundgerechten Küchlein bestehen aus zuckerigem Klebreis bzw. Reismehl sowie Kokosmilch und werden in Bananenblättern eingewickelt in speziellen Lehmöfen gedämpft. Ursprünglich als Opfergabe für heidnische Götter oder Geschenke für Gaste zubereitet, sollte die klebrige Konsistenz für eine enge Beziehung zum Übernatürlichen und zwischen Familien und Freunden stehen. Jede Region und jede Familie hat ihre eigenen Rezepte für die Reissnacks, zu den geläufigsten Variationen gehören „Biko“ mit einer dunkelbraunen Karamellglasur aber auch die herzhafte Version „Puto“ mit einem Topping aus vorzugsweise Käse oder Ei.