In einem Hostel-Schlafsaal in Bangkok erzählt mir eine Backpackerin von einem Freiwilligen-Programm in einer Wildlife Sanctuary im Norden von Thailand. Ein Programm, das dabei hilft, eine vor dem Aussterben bedrohte Spezies zu schützen.
Mein Interesse ist sofort geweckt. Für meine Rucksackreise durch Südostasien Ende 2022/ Anfang 2023 habe ich mir vorgenommen, mich von meiner Intuition und meinem Bauchgefühl treiben zu lassen. Durch die Erzählung der Backpackerin inspiriert, mache ich mich auf den Weg nach Chiang Mai.
Der Elephant Nature Park im Norden Thailands hat sich auf das Retten von Elefanten spezialisiert und ist einer der ersten Zufluchtsorte dieser Art in Asien. Darüber hinaus ist er ein Zuhause für hunderte streunende Hunde und tausende Katzen, die als Unfallopfer von der Straße gerettet werden, für Wasserbüffel, Vögel und viele Tierarten mehr.
Für den heutigen Vormittag steht „Elephant Poo“ auf dem Wochenplan. Meine Gruppe wird den Morgen damit verbringen, die Ställe auszumisten. Ausgestattet mit Schaufeln und Handschuhen geht es an die Arbeit.
Es erstaunt mich immer wieder aufs Neue, wie viel Mist die Giganten erzeugen. In den vergangenen Tagen habe ich gelernt, dass das Wegschaufeln der Exkremente eine körperlich anspruchsvolle Arbeit ist, doch mit der richtigen Einstellung ein sehr unterhaltsamer Start in den Tag sein kann. Die letzte Pickup-Ladung voll Elefantenmist wird mit einer Runde „Poo-Ball“ gefeiert. Das ist ein simples Spiel, mit großer Ähnlichkeit zu Lacrosse, bei dem einer der handballförmigen Ausscheidungen der Elefanten von Schaufel zu Schaufel geworfen wird. Verloren hat derjenige, der den Ball fallen lässt.
Bis zum Mittagessen ist noch ein bisschen Zeit. Ich hocke mich in den Schatten unter ein Dach aus Bambusgeflecht und beobachte eine Gruppe Elefanten, die mit wedelnden Ohren, ihrem körpereigenen Fächer, in der Sonne stehen und mit ihren Rüsseln in einem Haufen Zuckerrohr stöbern.
Wenige Meter Luft sind das Einzige, das mich von ihnen trennt. Da ist kein Zaun, kein Gehege. Im Park können sich die Elefanten frei bewegen. Die Mahuts passen auf, dass sie anderen Menschen nicht zu nah kommen.
Ein Mahut ist der Führer eines Elefanten und sie scheinen in fast gegenseitiger Abhängigkeit voneinander zu leben. Sie führen eine bewundernswerte, vertrauensvolle Beziehung, die jahrzehntelanger gegenseitiger Gesellschaft entspringt. Sie sind alte Freunde, die sich so gut kennen, als wären sie Geschwister. Elefanten sind soziale, empathische und fürsorgliche Wesen. Sie zeigen Trauer und können sogar weinen, genauso deutlich ist ihnen anzusehen, wenn sie sich freuen – beispielsweise, wenn sie eine extra Rationen Bananen bekommen.
Nach der Stärkung beim Mittagessen geht es in die „Elephant Kitchen“. Hier wartet erneut harte Arbeit auf uns. Eben ist ein Truck angekommen, auf der Ladefläche türmt sich ein riesiger Haufen Wassermelonen. Wöchentlich werden um die zwölftausend Melonen geliefert, die per Hand ausgeladen, geputzt, geschält und geschnitten werden müssen. Dazu kommen, Bananen, Mangos, Kokosnüsse, Kürbisse, und Mais. Ein einziger der riesigen Vegetarier frisst 200-300kg Futter am Tag und der Park ist schließlich ein Zuhause für über Hundert Elefanten.
Den Rest des Nachmittags haben wir frei, doch wer Lust hat, darf die Hunde des Parks besuchen und mit ihnen spazieren gehen. Die meisten von ihnen kamen als Unfallopfer in den Elephant Nature Park, so auch Wan Sook, das bedeutet Freitag auf Thailändisch. Ihm fehlt ein Hinterbein, doch ein extra für ihn angepasster Hunde-Rollstuhl ermöglicht es ihm, den Zwinger zu verlassen und spazieren zu gehen.
Es gibt nicht genug Freiwillige, um die über 700 Hunde regelmäßig auszuführen, und ich habe das Gefühl, Wan Sook, der mit wedelndem Schwanz an der Leine zieht, weiß den kleinen Ausflug umso mehr zu schätzen.
Der asiatische Elefante wird von allen Seiten bedroht: Durch Schwindendes Habitat, Waldarbeiten, wo sie als Nutztiere missbraucht werden und die Tourismus-Industrie, in der sie in Trekking Camps, Zirkussen und Zoos schaffen und leiden. Auch die Wilderei, der steigender Wert und die erhöhte Nachfrage von Stoßzähnen, Haut, Schwanzhaaren und Fleisch auf dem Schwarzmarkt.
Im Elephant Nature Park leben Elefanten noch immer in Gefangenschaft, zu ihrem eigenen Schutz. Allerdings wird auf Ketten verzichtet, auf körperliche und touristische Ausbeutung. Der Park schafft einen sicheren Ort, der der Natur der Elefanten am nächsten kommt.
Zum Sonnenuntergang bietet sich uns ein besonderes Schauspiel. Vom Fluss her vernehmen wir freudiges Tröten und Trompeten. Den Anblick der vier Tonnen schweren Giganten, die sich gegenseitig mit Wasser bespritzen und ihr Schlammbad genießen, werde ich niemals vergessen.
Nach dem Abendessen findet zum Abschluss des Tages auf der Wiese vor den Gehegen ein Fußballspiel statt. Es wird auf provisorische Tore gespielt, zwei T-Shirts als Pfosten, doch im Gegensatz zu heute Morgen mit einem richtigen Ball.
Alle sind willkommen, die lokalen Kinder aus dem Dorf genauso wie die Mahuts, die Köch*innen, die Tierärzt*innen und wir – die Volunteers. Ein Goldfilter scheint über dem Elephant Nature Park zu liegen, als die Sonne hinter den grünen Bergen verschwindet.
Wer sich über die Arbeit des Elephant Natur Parks noch näher informieren möchte, findet hier weitere Informationen: https://www.elephantnaturepark.org/.