Wer sich kulinarisch auf Wolke sieben wünscht, der reist bekanntlich nach Frankreich. An der französischen Atlantikküste von La Baule bis Hendaye läuft die französische Küche zu ihrer Höchstform auf und zeigt ihre regionalen Besonderheiten. Wenn die nächste Reise jedoch auf sich warten lässt, dann schaffen sechs für die Region typische Produkte Abhilfe und bringen französisches Savoir-Vivre nach Hause.
Wo das Salz wächst
Die Salzgärten der mittelalterlichen Stadt Guérande gleichen einem Mosaik auf einer Größe von über 2.000 Hektar. Ihre Geschichte lässt sich bis in die Eisenzeit zurückverfolgen, denn schon damals wurde hier das weiße Gold geschöpft. Einzig durch die Einwirkungen der Natur – dem Einströmen des Meerwassers in die zahlreichen Kanäle und Becken, der Einstrahlung der Sonne und dem Einfluss des Windes – entsteht das für die Region typische Produkt, welches dann in mühevoller Arbeit manuell geerntet wird. In der heimischen Küche verfeinert es sowohl salzige als auch süße Gerichte, zudem ist es die Hauptzutat der Salzkaramels. Die Geschichte des Salzes wird im Maison des Paludiers in Guérande sowie im Museum Musée des Marais Salants in Batz-sur-Mer erzählt; Terre de Sel in Guérande gewährt Besuchern im Rahmen von Touren einen Einblick in die Arbeit der Salzbauern.
Büchse der Vendée
In Saint-Gilles-Croix-de-Vie kommt einem kleinen Fisch seit dem 17. Jahrhundert eine große Bedeutung zu: Die Sardine ist das Wahrzeichen der Hafenstadt in der Vendée. Seit dem Jahr 2000 trägt der zur Familie der Heringe gehörende Fisch das Gütesiegel Label Rouge, welches hochwertige Lebensmittel aus Frankreich kennzeichnet. Landet die Sardine nicht in den lokalen Restaurants, so wird sie in den berühmten Ölsardinendosen konserviert, die von Künstlern gestaltet wurden und sich zehn Jahre halten. Durch die Stadt führt zudem ein Sardinenpfad: Auf zweieinhalb Kilometern lenkt er Besucher zu 14 historischen und kulturellen Sehenswürdigkeiten mit Sardinen-Bezug. Als Carpaccio, auf dem Grill, in der Suppe oder als Terrine – die Sardine zeigt sich variantenreich.
Royale Hochzeit
Der Pineau des Charentes ist der erste französische Likörwein, dessen Herkunft seit 1945 durch das Gütesiegel Appellation d’Origine Contrôlée geschützt ist. Seine Entstehung ist das Ergebnis einer gewagten Ehe: Frischer Traubensaft gepaart mit dem Branntwein Cognac – beide aus demselben Weinberg und Jahrgang – ergeben, je nach verwendeter Rebsorte, einen Likörwein mit weißer, roter oder roséfarbener Robe. Die sogenannte Mutage ermöglicht es, die Gärung des Mostes zu stoppen und den Geschmack der Trauben zu erhalten. Sein Aroma verdankt er zudem einer mindestens zwölfmonatigen Lagerung in Eichenfässern, die sich auch einmal über fünf oder gar zehn Jahre erstrecken kann. Junger Pineau des Charentes – mit einer weniger langen Reifung – ist ein beliebter Apéritif, kommt in Cocktails zum Einsatz und harmoniert sehr gut mit Melone und Obst. Jener höheren Alters passt beispielsweise zu Käse oder Schokoladenfondant.
Kugelige Freude
Seit Ende der 1970er Jahre stellt die Familie Noyez auf einem alten Weingut im 500-Seelen-Dorf Blaignan im Département Gironde eine Süßigkeit her, die heute als eine der Spezialitäten der Region rund um Bordeaux gilt: die Noisettines du Médoc. Die süßen Gaumenfreuden bestehen hauptsächlich aus qualitativ hochwertigen Haselnüssen und basieren auf einem Rezept aus dem Jahre 1649, welches von Generation zu Generation weitergegeben wurde. Noch heute ist die Herstellung der Noisettines du Médoc Handarbeit, das Rezept und vor allem die Zusammensetzung des Sirups, in welchem die Nüsse baden bevor sie dann karamellisieren und den so typischen Geschmack bilden, bleibt ein Familiengeheimnis.
Füße im Sand
Die Bodenbeschaffenheit macht den Unterschied im Wein, insbesondere im Département Les Landes nahe dem Atlantik. Der hier hergestellte Bio-Sandwein wird in den Dünen direkt an der Küste oder in den nahen Sandebenen angebaut. Mit den Wurzeln in einem Untergrund aus Lehm und Muscheln entstehen weiße, roséfarbene und rote Landweine, die sich durch einen subtilen Salzgehalt auszeichnen. Der warme Sand trägt seinen Teil zur schnelleren Reifung der Reben und die Nähe des atlantischen Ozeans zu einem ausgewogenen Charakter bei. In Capbreton wachsen seit mehr als 600 Jahren – beispielsweise auf dem Weingut der Domaine de la Pointe – die Rebstöcke in einem fragilen Dünen-Ökosystem nur wenige hundert Meter vom Ozean entfernt.
Baskische Schärfe
Ezpeletako biperra oder Piment d‘Espelette: Was sich anhört wie ein Zauberspruch, ist eines der wichtigsten Symbole des französischen Baskenlandes. Das rote, leicht scharfe Gewürz wird aus den Früchten der Gorria, einer Chilli-Sorte gewonnen, hat einen subtilen Geschmack und verfeinert jede Mahlzeit. Das Gewürz zeigt sich facettenreich, wird in Form von Puder, als Gelee oder in getrockneten, dünnen Streifen meist als Pfeffer-Ersatz verwendet. Piment d’Espelette macht sich gut in Kombination mit Eiern, Gemüse und Fisch, aber auch in Desserts zeigt es beispielsweise in Verbindung mit Schokolade sein ganzes Können. Im September schmückt es zudem die weißen Fassaden der baskischen Häuser: An Seilen aufgehängt, werden die Schoten so getrocknet bis sie sich dunkelrot färben. In zehn Gemeinden rund um den Ort Espelette haben sich circa 200 Produzenten der baskischen Schärfe verschrieben. Piment d’Espelette ist das einzige französische Gewürz, dessen Herkunft durch das Gütesiegel Appellation d’Origine Protégée (AOP) geschützt ist; das heißt, dass das Produkt nur hier angebaut werden darf.