Regionalzug LiO bei Latour de Carole
Okzitanien mit dem Zug zu bereisen mindert den CO2-Abdruck und lässt Besuchern Zeit die Region in aller Ruhe zu erkunden. Bild: © Grimault Emmanuel/Région Occitanie

Die schönsten Bahnstrecken durch Okzitanien

Reisen mit dem Zug sind in Anbetracht des Klimawandels wieder in Mode gekommen. Vermindern sie einerseits den CO2-Abdruck, fördern sie andererseits die langsame Entdeckung, bei der man sich mehr Zeit für Details nimmt. Das Tourismusamt Occitanie hat sich mit dem Programm „Occitanie Rail Tour“ vorgenommen, die regionalen Zugstrecken zu promoten. Eine spezielle Webseite mit interaktiver Karte hilft Reisenden, eine eigene Rundstrecke zusammenzustellen. Hier findet man die Top 10-Aktivitäten, die unter 40 Minuten von den Etappenbahnhöfen entfernt sind. Außerdem führt die Seite eine Auswahl an 3- bis 5-Sterne-Unterkünften in unmittelbarer Nähe auf sowie Kontaktdaten der Touristenbüros, Bahnhöfe und einen Direktlink für die Ticketbuchung. Anhand von zwanzig aufgeführten Rundtouren kann man so die Highlights Okzitaniens in aller Ruhe und umweltfreundlich entdecken.

Von Toulouse ins grüne Hinterland

Die Zuglinie zwischen Toulouse-Matabiau und Villefranche-de-Rouergue im Aveyron ist die Verbindung von Kultur- und faszinierenden Naturschauplätzen. Toulouse begeistert mit Charme, lässigem Lebensstil, Shopping und Kulturprogramm. Vom Bahnhof Matabiau fährt der TER durch die saftig grünen Täler des Tarn und des Aveyron. Die Haltestellen im Hinterland lohnen, Etappen einzulegen. Die Dörfer sind meist befestigte „Bastiden“ oder werden von Burgen dominiert. Diese Bauweise entstand zu den Zeiten der Albigenserkreuzzüge und ist im Südwesten Frankreichs einzigartig. In Gaillac sollten Weinliebhaber einen Stopp einlegen. Die geschützte Ursprungsbezeichnung selben Namens bringt einen fantastischen Rotwein hervor und wer es sportlich mag, erkundet die Weinberge gleich per Fahrrad. Najac gehört hingegen zur Gilde der schönsten Dörfer Frankreichs. In Villefranche-de-Rouergue, die letzte Haltestelle in der Region, entdecken Reisende am Donnerstagmorgen auf dem Wochenmarkt die ganze Palette der regionalen Spezialitäten.
Oldtimerflugzeug-Ausstellung bei L’Envol des Pionniers
Oldtimerflugzeug-Ausstellung bei L’Envol des Pionniers im Aéropostal in Toulouse. Bild: © Arnaud Späni/OT de Toulouse

Hoch auf dem gelben Wagen

Zwischen Latour-de-Carol und Villefranche-de-Conflent läuft mit der „Ligne de Cerdagne“, geläufiger „Petit Train jaune“, eine der spektakulärsten Bahnstrecken Europas. Weil die Schmalspurbahn in Meterspur die Energie von einer Seitenstromschiene bezieht, ist sie auf Deutsch auch als Pyrenäenmetro bekannt. Der gelbe Zug ist das Symbol Nordkataloniens und die höchste meterspurige Eisenbahn Europas! Die rund 63 Kilometer lange Strecke führt durch die beeindruckende Landschaft des regionalen Naturparks Pyrénées Catalanes, über zahlreiche bewundernswerte Brücken, wie die „Pont Gisclard“, die letzte Eisenbahn-Hängebrücke Frankreichs und nicht minder durch 19 Tunnels. In Villeneuve-de-Conflent und Mont-Louis-La Cabanasse trifft man auf zwei Unesco-gelistete Vauban-Stätten. Fond-Romeu-Odeillo-Via ist hingegen der ultimative Halt für Outdoor-Fans. Das Angebot ist vielfältig und erstreckt sich von Wandern und Radeln über Klettern bis Höhlenforschen und im Winter vom Schneeschuhwandern bis über Rafting in warmen Wasserfällen. Für die ganze Strecke benötigt der Zug rund drei Stunden. Wer die katalanischen Pyrenäen intensiv erkunden möchte, macht daraus eine Etappenreise.
Train jaune am Bahnhof Bolquère
Der Train jaune am Bahnhof Bolquère. Bild: © Guillaume Payen/CRTL Occitanie

Durch das Land der Katharer

Mit dem Train Rouge folgt man der über hundertjährigen Strecke zwischen Axat nach Rivesaltes bei Perpignan. Der mythische Bummelzug ist ein reiner Touristenzug und fährt nur von April bis August an bestimmten Tagen. Wer in Axat die Reise beginnt, steigt durch einen dichten Wald auf die Passhöhe „Col de Campérie“ auf 511 m.ü.M. Von dort geht es bergab. In Puilaurens beeindruckt die schwindelerregende Katharerburg mit dem Kosenamen „Citadelle du vertige“. Sportliche sollten sich den Aufstieg nicht entgehen lassen. Weiter folgen die Weinlagen der Corbières bis zu den unüberwindbar geglaubten Galamus-Schluchten mit der Einsiedelei „Ermitage Saint-Antoine“, mitten in der Felswand errichtet. Danach geht es durch verschiedene Weingebiete wie Maury und Rivesaltes. Im Sommer bieten die Winzer an den Haltestellen Weinverkostungen an. Wer aber mehr Zeit hat, dem empfiehlt sich ein Besuch im Keller. Zum Beispiel im Mas Amiel wo sich die Weinverkostung in Abstimmung mit Schokolade anbietet. Fans des roten Zuges haben übrigens die Waggons und Bahnhöfe an der Strecke behindertengerecht umgebaut.
Train Rouge vor einer Katharerburg
Der Train Rouge vor einer Katharerburg. Bild: © P. Benoit/TPCF

Per Zug der Mittelmeerküste entlang

Die Zuglinie zwischen Montpellier-St-Roch und Béziers ist ein Highlight, um die Küste des Hérault zu erkunden. Montpellier lockt mit zeitgenössischer wie klassischer Architektur und bietet ein abwechslungsreiches Shopping-Erlebnis. 18 Minuten weiter wartet Frontignan. Eine kleine Badestation, die für Süßweinliebhaber mit einem Muskateller-Wein aufwartet. Das Weinfest im Juli ist ein jährliches Highlight. Das Fischerstädtchen Sète versprüht definitiv mediterranen Charme. Den täglichen Markt sollte man nicht versäumen. Hier gibt es die mit Tintenfisch gefüllten, „Tielles“ genannte, Küchlein zum Verkosten. Weiter geht die Fahrt fast übers Wasser zwischen dem Meer und dem Salzsee Etang de Thau. Marseillan Plage auf dem Festland gilt als gastronomische Etappe, wo man die Fabrikation von Noilly Prats besichtigen kann und die Austernproduktion hautnah erlebt. Eine Mischung, die den Gaumen verzückt. Ein bisschen weiter folgen das antike Agde und die von Touristen beliebte Destination Cap d’Agde. Hier treffen moderne und klassische Architektur aufeinander. Endstation ist Béziers das mit der imposanten Kathedrale, dem Canal du Midi und der Feria im August begeistert.
Kathedrale Saint-Nazaire in Béziers
Kathedrale Saint-Nazaire in Béziers. Bild: © G.Deschamps/CRTL Occitanie

Auf der Cevennen-Linie Richtung Berge

In der Mitte des 19. Jahrhunderts erbaute man dieses gewagte Zugprojekt, als es noch keine Straße für Autos gab. Die Linie folgt dem wilden Fluss Allier, überquert dessen Schluchten auf vielen Viadukten und passiert etliche Tunnels. Der Ausblick in die Klamm, auf die verlassenen Kalkplateaus der Cevennen und die pittoresken Dörfer im Hinterland ist vom Zug aus einmalig. Die Strecke beginnt in Nîmes, das für sein römisches Kulturerbe bekannt ist. Die gut erhaltene Arena und das kürzlich eröffnete „Musée de la Romanité“ sind unumgänglich. Weiter geht es ins Hinterland des Gard und in die Lozère. Alès und Langogne sind die idealen Haltestellen für die, die auf den Spuren des schottischen Schriftstellers Stevenson und seinem Esel Modestine wandeln möchten. Die etwa 50 Kilometer lange Strecke zwischen den beiden Ortschaften auf dem Fernwanderweg GR70 können Wanderer mit oder ohne Esel gut in zwei Tagen überwinden. Wer die Reise fortsetzt gelangt zu den Kalk-Hochebenen „Les Causses et le Cévennes“, die seit 2011 im Weltkulturerbe der Unesco gelistet sind und ein Paradies für Wanderungen in der mediterranen Berglandschaft sind.
Dorf la Garde-Guérin in der Lozère Okzitanien
Das befestigte Dorf la Garde-Guérin in der Lozère. Bild: © staart.com/CRTL Occitanie

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