Ob zugezogen oder einheimisch – viele unterschiedliche Persönlichkeiten prägen seit jeher das Tiroler Lechtal und tragen maßgeblich dazu bei, wie sich die österreichische Naturparkregion als Urlaubsziel präsentiert. Nicht wenige Einwohner verfügen über einen außergewöhnlichen Lebensweg, vor allem aber die Lechtalerinnen stechen mit spannenden Geschichten hervor: So fand etwa Yogalehrerin Hannah Brown nach zahlreichen internationalen Stationen ausgerechnet in Österreichs kleinster Gemeinde Gramais ihren Heimathafen. Weg von Berlin zog es Simone Knitel, die sich nach dem Mauerfall mit gerade einmal 100 D-Mark ins Lechtal begab. Skilegende Sigrid Wolf hingegen blieb ihrer Heimat trotz Olympiasieg immer treu. Alle drei Frauen verfügen über besondere Laufbahnen. Und alle drei Frauen sind aus dem Tiroler Lechtal nicht mehr wegzudenken.
Simone Knitel: Naturpark-Rangerin und Kräuterbäuerin - Vom Plattenbau in die Tiroler Alpenwelt
Als die Berliner Mauer vor über 30 Jahren fiel, war sie dabei: Die 53-jährige Simone Knitel stammt aus der DDR, wo sie aufwuchs und vom sozialistischen System geprägt wurde. „Als ich hörte, dass Reisen ins westliche Ausland wieder erlaubt seien, war mein Schicksal besiegelt“, erzählt sie. „All die Jahre durften wir DDR-Bürger nicht in den Westen fahren. Trotzdem wollte ich zu der Zeit doch einfach nur reisen, mein Land aber nicht für immer verlieren“, beschreibt sie ihre damalige emotionale Lage. In der Wende sah Simone schließlich ihre Chance und buchte kurzerhand eine Busreise ins Tiroler Lechtal. „Als wir nach einer gefühlten Ewigkeit endlich ankamen, habe ich mich sofort in die Berge und Blumenwiesen verliebt. So was hatte ich zuvor noch nie gesehen“, schwärmt sie. Zurück in Berlin kündigte Simone kurzerhand ihren Job als Krankenschwester und die Wohnung im Plattenbau. In Holzgau im Tiroler Lechtal fing sie ein neues Leben an. Über die Jahre hat die dreifache Mutter ihre Leidenschaft zu Kräutern und Heilpflanzen vertieft und absolvierte eine Ausbildung zur Kräuterpädagogin, Bergwander- sowie Naturparkführerin. Seit 2010 betreibt sie zusammen mit ihrer Freundin Sigrid Juchtmanns zudem ihr eigenes, kleines Geschäft in Bach mit dem Namen „Lechtaler Naturhandwerk“. Das größtenteils regionale Sortiment umfasst unter anderem handgemachte Dekoartikel, liebevoll hergestellten Schmuck sowie Lechtaler Kräuterprodukte. „Ich schöpfe Kraft und Energie aus der Natur – da kommen mir die besten Ideen. Aber vor allem Familie und Freunde hier sind mein Anker.“
Hannah Brown: Yogalehrerin und Weltenbummlerin - Namaste auf Tirolerisch
Wer durch Österreichs kleinste Gemeinde Gramais spaziert, vernimmt hier und da vielleicht mal ein liebevolles Namaste. Für Yogalehrerin Hannah Brown gibt es wohl kaum einen besseren Ort: „Hier kann ich das Leben führen, das ich führen will – ruhig, umgeben von der Natur und meditativ”, erklärt sie mit charmantem englischen Akzent. Hannah Brown ist eine von vielen „Zuagroasten“ im Tiroler Lechtal. Ursprünglich stammt sie aus der englischen Grafschaft Windsor südwestlich von London und war danach in Spanien, Brasilien und Chile zuhause. Dort lebte, arbeitete und lernte sie die Sprachen der jeweiligen Länder, bevor sich die Weltenbummlerin 2019 bewusst für ein Leben im Lechtal entschied. Hannah war auf der Suche nach sich selbst und einem Neubeginn. „Ich hatte mich gerade von einem Mann getrennt und wollte ein ruhigeres, stabileres Leben. Ich wollte einen natürlichen Lebensstil und einen Neuanfang.“ Durch Freunde gelangte sie schließlich nach Gramais ins Tiroler Lechtal. Mit ihrem eigenen Studio „Secret Garden Yoga“ ist die heute 44-Jährige angekommen im beschaulichen Auszeitdorf. Für Interessierte bietet sie verschiedene Kurse von Living Yoga über Yoga für Kinder und Jugendliche bis hin zu Yoga Business an. Tipp: Hatha Yoga findet immer mittwochmorgens statt, bei schönen Wetter sogar in freier Natur.
Sigrid Wolf: Olympiasiegerin und waschechte Lechtalerin - Der Heimat treu geblieben
Auf eine Olympiasiegerin in ihrer Heimat sind die Lechtaler ganz besonders stolz. Im kanadischen Calgary gewann Sigrid Wolf 1988 die Goldmedaille im Super-G, der damals zum ersten Mal überhaupt als olympische Disziplin stattfand. Die Bodenhaftung hat Sigrid aber trotzdem nie verloren. Mittlerweile liegt das Geschehen lange hinter ihr. „Nach 35 Jahren ist das höchstens noch alle vier Jahre ein Thema. Ich glaube auch nicht, dass mich der Sieg als Person verändert hat. Ich bin immer noch die alte Sigrid und eine ,Duarferin‘ bzw. Lechtalerin mit Leib und Seele“, sagt sie. Sigrid lebt und arbeitet in ihrer Heimat und könnte sich auch keinen besseren Ort dafür vorstellen. Nach dem Ende ihrer aktiven Sportlerkarriere absolvierte sie eine Ausbildung zur Kräuterpädagogin und ist seither als „Lechtaler Kräuterhexe“ unterwegs. Gemeinsam mit örtlichen Vereinen bietet sie geführte Kräuterwanderungen zu den schönsten Plätzen im Tiroler Lechtal an. Und auch dem Sport ist sie nach wie vor treu geblieben. In ihrem eigenen Fitnessstudio in Elbigenalp gibt die 59-Jährige regelmäßig Kurse wie Pilates, Wirbelsäulentraining oder Step Workouts. Oder geht ihrer größten Leidenschaft, dem Skifahren, nach.