Wie kommst Du von der hessischen Kleinstadt Büdingen nach Hochfügen?
Kai Ruppel: Das Wintersportgebiet kenne ich seit meiner Kindheit. Meine Eltern fahren seit 1986 ins Tiroler Zillertal. Richtig Skifahren gelernt habe ich dann durch Skikurse in Hochfügen. Das sind sehr schöne Kindheitserinnerungen, die hängengeblieben sind.
Du tauscht den Traktor gegen einen Pistenbully. Klingt eher ungewöhnlich. Was hat Dich dazu bewogen?
Da komme ich wieder auf meine Skierlebnisse aus der Kindheit zurück. Pistenraupen haben mich schon seit jeher fasziniert, und ich wollte immer mal so ein gewaltiges Gefährt steuern. Im Winter habe ich sehr viel Zeit, da mein Ackerbaubetrieb von Ende November bis Mitte März ruht. Genau dann ist das Wetter in meiner Heimat besonders grau. Da es um diese Jahreszeit in Hochfügen viel schöner und sonniger ist, habe ich kurzerhand beschlossen, meinen Kindheitstraum zu verwirklichen. Befreundete Bergbauern in Hochfügen haben für mich den Kontakt zur Skiliftgesellschaft gemacht, sonst wäre ich dort nicht reingekommen. Da hatte ich großes Glück.
Welcher der Zehntonner ist schwieriger zu fahren?
Traktorfahren kann ich natürlich aus dem Effeff. Pistenbully fahren erfordert höchste Konzentration, gerade die Führung von Schild sowie Fräse ist sehr anspruchsvoll und komplex. Die Einstellungen sollte man unbedingt täglich neu anpassen, da sie abhängig von Wetter, Temperatur, Schneehöhe und -beschaffenheit sind. Entsprechend benötigt der Pilot trotz der hochtechnischen Ausstattung absolutes Fingerspitzengefühl. Die Skiliftgesellschaft Hochfügen legt sehr großen Wert auf erstklassige Pisten, da sollte man nicht schludern.
Hast Du vorher einen Pistenbully-Kurs gemacht?
Nein, das ging ganz zackig. Mein Vorarbeiter ist am ersten Tag eine Stunde mitgefahren und hat mich eingewiesen, seitdem fahre ich ohne Begleitung. „Allein lernt sich‘s am besten“, meint der Chef.
Was macht eine Piste perfekt?
Das Skigebiet Hochfügen ist bekannt für seine perfekt präparierten Pisten. Dabei spielen allerdings viele Faktoren mit, ich muss Schild und Fräse immer individuell nach den Bedingungen einstellen. Nur so können wir für unsere Gäste den perfekten Ski-Teppich hinlegen.
Ihr seid die Helden der Nacht. Wann beginnt und endet dein Arbeitstag?
Gewöhnlich fahren wir von 16 bis 1 Uhr nachts. Abhängig von den örtlichen Bedingungen dauert die Schicht auch gern mal etwas länger. Bei Neuschnee sieht es ganz anders aus, dann bleiben wir die Nacht über am Berg, an der Talstation des 8er-Jet zum Beispiel gibt es Betten. Wir schlafen ca. zwei bis vier Stunden, bevor es um vier Uhr weitergeht, bis die Gäste ab 8.30 Uhr die optimale Bahn vorfinden.
Welche Piste ist Dein absoluter Favorit?
(Die Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen.) Am 8er-Jet die schwarze Sechs! Die breite, steile Piste Vollgas hinunter zu heizen, große Bögen zu fahren und auf der Kante die Kurve zu schneiden – das ist für mich der absolute Kick, Adrenalin pur.
Wo ist dein Lieblingsort in Hochfügen?
Die Bergstation des Zillertal Shuttle auf 2.400 Metern, wenn die Sonne untergeht und nur noch die Gipfelspitzen angeleuchtet werden. Von da oben hat man einen genialen Blick auf das gesamte Bergpanorama. Nach Betriebsschluss herrscht dort absolute Stille. Das ist jedes Mal ein Highlight.
Vermisst du deine Schafe und Ziegen denn nicht, wenn Du den ganzen Winter in Hochfügen bist?
Auf dem Hof in Büdingen haben wir fünf Schafe und drei Ziegen. Sie werden von meinem Sohn bestens versorgt. Pascal ist 18 und macht gerade eine Ausbildung zum Koch. Wer weiß, vielleicht kommt er nach der Ausbildung als Koch nach Hochfügen?
Was war in dieser Wintersaison dein schönstes Erlebnis?
Das war Anfang Februar, als es über Nacht gut einen Meter Neuschnee auf einmal heruntergehauen hat. Wir haben oben übernachtet und ab 4 Uhr morgens in der Pistenraupe gesessen. Die Stimmung, als langsam die Sonne aufging und die weiße Pracht zu glitzern anfing, war einfach einzigartig.
Wie ist die Gemeinschaft unter den Pistenbully-Fahrern?
Der Beruf des Pistenbully-Fahrers ist nicht nur ein Job, sondern eine Leidenschaft. Wir verbringen ja auch viel Zeit miteinander. Ab Saisonbeginn bis Ende Februar findet immer freitags die Tourennacht von der Talstation 8er-Jet mit Einkehrschwung bis 21 Uhr in der Pizzeria der 8er Alm statt. Um 18.30 Uhr fahren alle sieben Pistenraupen im Konvoi die schwarze Piste hinauf. Das ist ein irres Gemeinschaftsgefühl und für mich eine echte Herausforderung, die Spur zu halten. Wir essen dann oben gemeinsam und bearbeiten am Ende die Tourenpisten, damit morgens wieder alles tipptopp ist. Das ist eine ganz besondere Tradition der Skiliftgesellschaft.
Kommst Du nächsten Winter wieder nach Hochfügen?
Ich würde sehr gerne wiederkommen! Ich denke die Aufnahmeprüfung habe ich bestanden, aber mal schauen, was meine Kollegen und Vorarbeiter am Ende der Saison sagen.
Deinen Traumjob in den Bergen hast du gefunden. Wie sieht es mit Deiner Traumfrau aus? Bist Du noch zu haben und wo könnte Dich die potenzielle Kandidatin finden, wenn du mal nicht im Pistenbully oder auf Skiern unterwegs bist?
Am liebsten sitze ich nachmittags beim Aar Wirt in Hochfügen. Bei der Chefin Martina gibt´s den besten Kaiserschmarrn, aber bitte ohne Rosinen. Den würde ich jederzeit gern teilen. Auch eine Möglichkeit wäre die Mitfahrt in meinem Pistenbully. Die Nachttour auf dem Beifahrersitz konnten unsere Gäste die letzten Jahre dreimal wöchentlich buchen, musste nur bislang ausgesetzt werden. Wenn es die allgemeine Situation wieder zulässt, wäre das ein absolutes Highlight für mich, genauso wie das Absacker-Gläschen in der Gogola-Alm.
Interview: Ariane Husung/AHM