Autofreie Fraueninsel mit Bootsanlegern
Die etwa 15 Hektar große Fraueninsel ist autofrei und nur mit dem Boot zu erreichen. Bild: © Chiemsee-Alpenland Tourismus

Fraueninsel im Chiemsee

Von besonderem Reiz ist die kleine Schwester der Herreninsel: die Fraueninsel, ein malerisches Kleinod ohne Verkehrslärm mitten im Chiemsee. Mit nur knapp 15 Hektar gehört sie wie ihre Nachbarinsel ausschließlich den Fußgängern. Die Gemeinde Chiemsee mit der Frauen-, Herren- sowie Krautinsel ist Oberbayerns kleinste Gemeinde. Einst von Münchner Landschaftsmalern als Motiv entdeckt, entwickelte sich die Fraueninsel ab 1832 zu Europas ältester Künstlerkolonie. Sechs der 16 Fischerfamilien am Chiemsee leben auf der Fraueninsel. Seit dem 8. Jahrhundert bewirtschaften Benediktinerinnen die Abtei Frauenwörth, die als Fotoobjekt und Ausflugsziel wegen ihres Klostergartens, des handgefertigten Marzipans und des Klosterlikörs berühmt und beliebt ist. Viele Gäste nutzen auch die Möglichkeit zur stillen Einkehr im Kloster.

Kaum ein Objekt wird so häufig fotografiert wie der achteckige Campanile, der Glockenturm des Münsters. Gäste kommen auch wegen der Seligen Irmengard, der Biergärten und des frischen Chiemseefischs. Neben dem Münster und der karolingischen Torhalle zählen auch die tausendjährigen Linden auf dem höchsten Punkt der Insel zu den Sehenswürdigkeiten. Die Siedlungsgeschichte reicht weit zurück. Schon in der jüngeren Steinzeit soll das heutige Frauenchiemsee bewohnt gewesen sein.

Fraueninsel in der Herbstsonne
Die malerisch gelegene Fraueninsel in der Herbstsonne. Bild: © Chiemsee-Alpenland Tourismus

Chronik der Fraueninsel

782 gründete Bayernherzog Tassilo III, ein Vetter Karls des Großen, ein Frauenkloster auf der Fraueninsel im Chiemsee (sowie ein Männerkloster auf der Herreninsel). Auch die Torhalle entstand damals als vorgelagertes Eingangsgebäude des Klosters.

788 zog Kaiser Karl der Große Bayern an sich und schickte den Herzog und seine Familie in Klosterhaft. Während die Herreninsel zum Bistum Metz kam, fiel die Fraueninsel an den Kaiser selbst und wurde Reichsgut.

Um 850 wurde Irmengard, die Tochter König Ludwigs des Deutschen und Urenkelin Karls des Großen, nach Frauenwörth entsandt, um das inzwischen halb verfallene Kloster wiederaufzubauen.

Am 16. Juli 866 verstarb die Äbtissin Irmengard, deren Wirken dem Kloster eine neue Blütezeit verschaffte. Sie wurde nur 33 bis 35 Jahre alt. Ihren Todestag begeht das Kloster jährlich mit einem Pontifikalamt am Sonntag vor oder nach dem 16. Juli.

Aus dem 11. Jahrhundert stammt das heutige Münster, das auf karolingischen Fundamenten steht. Der Campanile, ein freistehender achteckiger Glockenturm, stammt wohl aus dem 12.  ahrhundert. Seine barocke Zwiebelhaube, das Wahrzeichen des Chiemgaus, erhielt er 1626.

Die Chronik des Jahres 1263 berichtet vom „so wichtigen Kräutergarten“. Die damaligen Klosterfrauen entwickelten manche Rezepte, von denen auch Bayernherzog Ludwig der Reiche hörte. 1470 wandte er sich an die Äbtissin Magdalena Auer zu Winkel mit der Bitte um ein Heilmittel. Das Destillieren auf der Insel ist seit dieser Zeit bekannt.

Klostergarten Frauenwörth mit Campanile
Klostergarten Frauenwörth mit Campanile. Bild: © Chiemsee-Alpenland Tourismus

Seit 1396 sind die klostereigenen Gaststätten auf der Insel und in den umliegenden Orten urkundlich erwähnt.

Die Säkularisation im Jahr 1803 bedeutete das vorläufige Ende des Klosters Frauenwörth. Da sich kein Käufer fand, durften die Klosterfrauen weiter hinter den dicken Klostermauern leben.

1828 setzte der Student Max Haushofer (1811-1866) nach einem mehrtägigen Fußmarsch aus München mit ein paar Freunden auf die Fraueninsel über. Der Schriftsteller Ludwig Steub (1812-1888) beschrieb das, was danach passierte, so: „Man fand die Insel behaglich und teilte mehreren vertrauten Seelen ihre heimliche Lage und Beschaffenheit mit. Da hob dann im Stillen ein großes Reisen an nach dem Eiland des Friedens und die Eingeweihten fierten da die fröhlichsten Tage, ja selbst Polsterabende, Hochzeiten und Beilager.“ Der spätere Kunstprofessor Max Haushofer heiratete die Tochter des Inselwirts, sein Freund Christoph Ruben, ebenfalls Kunstprofessor, deren Schwester. Freunde und Künstlerkollegen folgten ihnen auf die Insel. Die Künstlerkolonie war geboren. Neben Barbizon in den Wäldern von Fontainebleu bei Paris war sie eine der ersten in Europa. Die Gräber der Künstler Haushofer, Rubens und Roubaud im kleinen Klosterfriedhof zeugen noch heute davon, ebenso wie eine Malerpalette über ihrem Stammtisch im Gasthof Zur Linde. Werke der „Chiemseemaler“ sind ganzjährig im Alten Schloss auf Herrenchiemsee sowie in weiteren Galerien im Chiemgau zu sehen.

1838 erlaubte König Ludwig I die Wiederherstellung des Klosters als Priorat unter der Auflage, dass die Benediktinerinnen Schulen eröffneten. Bis 1982 führten sie das Irmengard-Gymnasium, von 1983 bis 1995 die Irmengard-Berufsfachschule. Mittlerweile ist das Kloster unter der Leitung von Frau Scholastika mit 500-600 Seminaren pro Jahr einer der schwungvollsten Seminarbetriebe der Region.

Das erste Dampfschiff eines Grassauer Zimmerermeisters stach am 12. Mai 1845 von Feldwies aus in See. 1848 übernahm Joseph Feßler den Schifffahrtsbetrieb, der mit Sitz in Prien bis heute in Familienhand ist.

Mit der Eröffnung der Eisenbahnlinie München-Salzburg im Jahr 1860 konnten Sommerfrischler erstmals bequem und schnell in den Chiemgau reisen. Der Tourismus kam in Schwung, die Künstler zogen sich jedoch wieder zurück.

Seit 1901 ist das Kloster wieder eine Abtei. Es ist neben dem Nonnberg in Salzburg das älteste bestehende deutschsprachige Frauenkloster nördlich der Alpen.

Die Seligsprechung der Äbtissin Irmengard am 17. Juli 1929 legte den Grundstein für die bis heute andauernde Verehrung. Vor allem Paar mit Kinderwunsch pilgern zu der ihr geweihten Irmengard-Kapelle im Münster.

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